Adresse:
Rechtsanwaltskanzlei Moegelin Zerndorfer Weg 63 13465 Berlin
E-Mail:

Corona-Arbeitsrecht

11. Jul
2020

Das Corona-Virus wirkt sich erheblich auf die Rechte und Plichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus. Im Folgenden werden die wichtigsten rechtlichen Fragestellungen dargestellt. Die Rechtsanwaltskanzlei Moegelin für Arbeitsrecht in Berlin-Reinickendorf bietet umfassende Rechtsberatung und gerichtliche Durchsetzung in Berlin und deutschlandweit zum Thema Corona-Virus im Arbeitsverhältnis -  für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie können Ihren Fall auch online mitteilen und die erforderlichen Dokumente z.B. per E-Mail zusenden, also ohne Besuch der Kanzlei. Die meisten Rechtsfälle sind so ausgestaltet, dass ein Gespräch unter vier Augen entbehrlich ist. Üblicherweise ist die telefonische Besprechung oder Videokonferenz über Skype oder whatsapp ausreichend. Einzelheiten zur Kontaktaufnahme gibt es hier.

Lohnfortzahlung bei Fernbleiben vom Arbeitsplatz

Ein unentschuldigtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz ist Arbeitnehmern nicht anzuraten. Üblicherweise ist im Arbeitsvertrag geregelt, dass ohne Entschuldigungsgrund keine Lohnfortzahlung erfolgt. Sofern keine behördliche oder arbeitgeberseitige Betriebsstilllegung oder Quarantäne angeordnet ist, bleibt die Arbeitspflicht aufrechterhalten.
In Betracht kommt die Urlaubsgewährung. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, den Urlaub zu genehmigen, wenn betriebliche Gründe dagegensprechen. Kommt keine Lösung zustande und bleibt der Arbeitnehmer dann unerlaubt zuhause, erhält er weder Arbeitslohn noch Sozialleistungen.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten daher wenn möglich Einvernehmlichkeit erreichen. Zunächst sollten Überstunden und Urlaubsansprüche durch Freizeit ausgeglichen werden. Auch die Arbeit im Homeoffice ist eine Variante und einer Aussetzung der Arbeit vorzuziehen. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber einverstanden ist und keine betriebsnotwendigen Hindernisse entgegenstehen.

Anordnung von Überstunden

Der Arbeitgeber kann in besonderen Notfällen Überstunden einseitig anordnen. Ob ein Notfall vorliegt, richtet sich nach § 14 Arbeitszeitgesetz (ArbZG).
Nach § 14 Abs. 1 darf von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 9 bis 11 (hier sind Arbeitszeiten und Pausen geregelt) abgewichen werden bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu mißlingen drohen. Das Corona-Virus und seine Folgen sind offensichtlich als Notfall zu sehen. Soweit im Betrieb unverhältnismäßiger Schaden droht, dürfte der Arbeitgeber daher das Recht zur Anordung von Überstunden haben, die natürlich zu bezahlen sind.

Schutzmaßnahmen

Der Arbeitgeber hat den Arbeitsplatz so auszugestalten, dass Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers geschützt ist. Das folgt aus § 618 BGB. Um den Anforderungen an die Gefahren des Corona-Virus gerecht zu werden, muss der Arbeitnehmer auf jeden Fall die Möglichkeit haben sich bei Bedarf jederzeit die Hände desinfizieren zu können.

Anordnung von Quarantäne / Betriebsstilllegung

Sollte die Regierung Quarantäne oder wie bereits geschehen, die Schließung von Betrieben wie bereits geschehen in der Gastronomie anordnen, kann das die Erfüllung der Arbeitspflicht unmöglich machen, sofern die Arbeit im Homeoffice nicht machbar ist. Nach der Rechtsprechung muss der Arbeitgeber in diesem Fall keinen Lohn zahlen, da es sich um eine Betriebsstilllegung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften, bzw. Anordnungen handelt, siehe BAG 5 AZR 814/14; Rdnr. 52.
Formal gesehen handelt es sich also nicht um höhere Gewalt, sondern um eine behördliche Anordnung.

Quarantäne eines einzelnen Arbeitnehmers

Richtet sich die behördlicherseits angeordnete Quarantäne dagegen nur gegen einen einzelnen Arbeitnehmer, hat dieser einen Anspruch auf Entgetfortzahlung. Er erhält also seinen Lohn für bis zu 6 Wochen weitergezahlt. Sollte die Quarantäne darüber hinaus fortbestehen, greift der Anspruch auf Krankengeld.

Recht auf Homeoffice

Nicht nur wegen der Gefahr für die eigene Gesundheit, sondern auch wegen der langandauernden Schließungen von Kita-Einrichtungen haben Arbeitnehmer derzeit ein begründetes Interesse ihre Arbeit im Homeoffice durchzuführen.Auch ohne Anordnung von Quarantäne-Maßnahmen empfiehlt es sich für den Arbeitgeber Homeoffice anzuordnen, soweit die Ausgestalung des Arbeitsverhältnisses es erlaubt. Ein Anspruch des Arbeitnehmers zuhause seiner Arbeit nachzugehen, besteht allerdings nicht. Eine entsprechende gesetzliche Regelung gibt es nicht. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice besteht nur, wenn im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag hierzu eine Regelung gibt. Einigen sich Arbeitnehmer und Arbeitgberber darauf, gelten die gleichen Arbeitszeiten und Pausenregelungen. Und nur während der Arbeitszeiten braucht der Arbeitnehmer seine Erreichbarkeit für den Arbeitgeber und ggf. für Kunden und Geschäftspartner sicherzustellen.

Kündigung wegen Corona

Bleibt der Arbeitnehmer der Arbeit fern, kann der Arbeitgeber wegen vorsätzlichen Verstoßes gegen die Arbeitspflicht die Kündigung aussprechen.  Es handelt sich um den Fall einer verhaltensbedingten
Kündigung. Fraglich dürfte trotz des unbestreitbaren Verstoßes die Verhältnismäßigkeit der Kündigung sein. Bislang gibt es hierzu noch keine Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Es dürfte aber einiges dafür sprechen, dass die Gefahr die durch das Corona-Virus ausgeht, unter Notstands-Gesichtspunkten den Arbeitnehmer entschuldigen dürfte. Ebenso ist die krankheitsbedingte Kündigung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit fraglich, wenn der mit dem Corona-Virus infizierte Arbeitnehmer hieran erkrankt. In Betracht kommt eine betriebsbedingte Kündigung, insbesondere wenn durch die Corona-Krise massive Umsatzeinbrüche die Folge sind. Anzumerken ist, dass es auf die Gründe und die Verhältnismäßigkeit nicht ankommt, wenn die Anwendbarkeit des KSchG ausscheidet, insbesondere, weil es sich um einen Kleinbetrieb handelt.
Telefonische Krankmeldung
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat mitgeteilt, dass sie wegen Corona vorübergehend die Vorschriften für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) lockert. Für Arbeitnehmer bedeutet das, dass sie im Einzelfall mittels eines Telefonanrufs die Krankschreibung erhalten und dann dem Arbeitgeber übermitteln können.
Demnach ist eine Krankschreibung bis zu sieben Tage möglich und lediglich nach telefonischer Rücksprache mit dem behandelnden Arzt. Ein Besuch in der Arztpraxis wird dadurch entbehrlich. Voraussetzung ist, dass es sich um eine leichte Atemwegserkrankung handelt. Die Regelung gilt für Patienten, die an leichten Erkrankungen der oberen Atemwege erkrankt sind und keine schwere Symptomatik vorweisen oder Kriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) für einen Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 erfüllen. Diese Regelung gilt ab sofort und zunächst für vier Wochen ab 09.03.2020. Einzelheiten sind der Pressemitteilung der KBV vom 09.03.2020 zu entnehmen. Mittlerweile ist diese Ausnahmeegelung wieder aufgehoben.

Corona-Rechtsprechung der Arbeitsgerichte

Zum ersten Mal ist das Arbeitsgericht Berlin wegen eines Rechtsfalls im Zusammenhang mit dem Corona-Virus angerufen worden. Es ging um Arbeitnehmer in Duty-Free-Shops auf den Berliner Flughäfen betrieben werden. Der Arbeitgeber untersagte seinen Mitarbeitern, während der Arbeit – insbesondere bei Ankunft von Flügen aus China – Mundschutz und Handschuhe zu tragen. Hiergegen wendete sich der Betriebsrat mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Noch bevor das Gericht eine Entscheidung treffen konnte, hat der Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt, Beschäftigte könnten bei der Arbeit Mundschutz und Handschuhe tragen, falls sie dies wollen (vgl. Arbeitsgericht Berlin, Aktenzeichen 55 BVGa 2341/20; vgl. Pressemitteilung Nr. 10/20 vom 03.03.2020 und Pressemitteilung Nr. 12/20 vom 04.03.2020).