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Erstattung der Gerichtskosten nach Teilanerkenntnis bei widerstreitenden Kostenanträgen

16. Jun
2021

Nach falscher Ansicht des Oberlandesgerichts Bamberg ist bei einem (Teil-)Anerkenntnisurteil eine Gebührenermäßigung bei widerstreitenden Kostenanträgen nicht veranlasst.
Nach der richtigen Ansicht des OLG Rostock dagegen kommt der Ermäßigungstatbestand des GKG KV 1211 Nr. 2 auch dann zum Tragen, wenn das Gericht wegen widerstreitender Kostenanträge nach einem Teilanerkenntnis gemäß § 93 ZPO in einem Schlussurteil über die Kosten zu entscheiden hat (OLG Rostock, 8. Zivilsenat, Beschluss vom 23.02.2007 - 8 W 99/06).
In dem Fall, der dem OLG Bamberg zur Entscheidung vorlag, brauchte das Gericht nicht mal ein Schlussurteil zu fällen, so dass in diesem Fall erst Recht eine Erstattung der 2/3-Gerichtsgebühr zu erfolgen hat.
Nach dem Wortlaut der Norm (GKG KV 1211 Nr. 2) ermäßigt sich die Gerichtsgebühr auf eine Gebühr, wenn das gesamte Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet wird. Eine Differenzierung danach, ob das Anerkenntnisurteil wegen gegensätzlicher Kostenanträge begründet werden musste, enthält die genannte Vorschrift ebensowenig wie eine Diffenrenzierung zwischen verschiedenen Arten von Anerkenntnisurteilen, nämlich solche mit oder ohne Gründe. Jede andere Auslegung des Ermäßigungstatbestandes würde dazu führen, eine insoweit eindeutige Regelung unklar werden zu lassen (OLG Rostock, aaO.).

Die Ansicht des OLG Rostock ist vorzugswürdig, Denn ist der Wortlaut der Norm regelt für Fälle wie den hier einschlägigen eine Ermäßigung auf 1,0.

GKG KV 1211 Nr. 2 regelt wie folgt:
"Beendigung des gesamten Verfahrens durch Anerkenntnisurteil, Verzichtsurteil oder Urteil, das nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält oder nur deshalb Tatbestand und die Entscheidungsgründe enthält, weil zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht wird (§ 313a Abs. 4 Nr. 5 ZPO)...Die Gebühr 1210 ermäßigt sich (von 3,0) auf 1,0"

Volltext des Beschlusses des Oberlandesgerichts Bamberg vom 03.12.2012 - 8 W 89/12:

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Bayreuth vom 09.12.2012 wird zurückgewiesen.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Die Beschwerde ist nach § 66 Abs. 2 GKG unbefristet zulässig (Hartmann, KostG, 40. Aufl., § 66 Rdnr. 40), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht sind seitens der Gerichtskasse gegen den Kläger  drei Gebühren gemäß GKG KV 1210 in Ansatz gebracht worden. Ein Ermäßigungstatbestand gemäß KV 1211 liegt nicht vor.

Die Beklagte hatte den Klageanspruch teilweise anerkannt, sich jedoch gegen die Kostenlast verwahrt. Im Übrigen nahm der Kläger die Klage zurück. Die Beklagte stimmte dem zu und stellte entsprechenden Kostenantrag. Das Gericht entschied daraufhin durch Beschluss über die Kostentragungspflicht.

Der Senat sieht keinen Anlass, von seiner bisherigen Rechtsprechung (Beschl. v. 29.09.2009, AZ: 8 W 55/09) abzuweichen. Danach kommt eine Ermäßigung nach GKG KV-Nr. 1211 nur dann in Betracht, wenn das gesamte Verfahren durch ein Anerkenntnisurteil beendet wird, welches gemäß § 313b Abs. 1 ZPO eines Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht oder nur deshalb bedarf, weil zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht wird. Hier war wegen des Kostenantrags der Beklagten eine Kostenentscheidung auch hinsichtlich des anerkannten Teils der Klage zu treffen. Das Landgericht hatte sich (anfechtbar) mit der Frage zu befassen, ob die Voraussetzungen des § 93 ZPO vorlagen, wozu der Klägervertreter in seinem Schriftsatz vom 23.03.2012 Stellung genommen hatte.

Eine Ermäßigung nach GKG KV-Nr. 1211 Nr. 2 kommt aber nur bei Beendigung des gesamten Verfahrens in Betracht. Die Beendigung des gesamten Rechtsstreits ist nach GKG KV-Nr. 1211 Voraussetzung für jeden er aufgelisteten Ermäßigungstatbestände, also auch von GKG KV-Nr. 1211 Nr. 2. Eine solche Beendigung ist vorliegenden durch Teilanerkenntnisurteil und Rücknahme jedoch nicht erfolgt, weil über die Kosten des Rechtsstreits unter Anwendung der Grundsätze des § 93 ZPO in Hinblick auf den erledigten Teil zu entscheiden war. Ein Vergleich mit den Regelungen bei Klagerücknahme und übereinstimmender Erledigungserklärung zu keinem abweichendem Ergebnis. Im Gegenteil folgt daraus, dass bei widerstreitenden Kostenanträgen eine Ermäßigung nicht in Betracht kommt. Denn sowohl die Gesetzesänderung in Bezug auf die Klagerücknahme, wonach eine Gebührenermäßigung in den Fällen des 269 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht mehr erfolgt, als auch der Umstand, dass die früher nicht gebührenbegünstigte übereinstimmende Erledigungserklärung nunmehr in den Fällen kostenbegünstigt ist, in denen keine streitige Kostenentscheidung ergehen muss, belegen, dass die Kostenermäßigung voraussetzt, dass dem Gericht für die Kostenentscheidung kein Arbeitsaufwand entsteht. Das Anerkenntnisurteil unter Verwahrung gegen die Kostenlast wäre dann systemwidrig der einzige Fall einer streitigen Kostenentscheidung, der gebührenbegünstigt wäre. Einen sachlichen Grund für eine solche Differenzierung gibt es nicht. Nach BTDrs 15/1971 S. 192 wurde § 91a ZPO in den Katalog der Ermäßigungstatbestände gerade deshalb aufgenommen, weil in den jetzt in KV-Nr. 1211 Nr. 4 erfassten Fällen der einer Abfassung eines Urteils vergleichbare richterliche Arbeitsaufwand bei der abschließenden Verfahrensentscheidung entbehrlich wird. Beim Anerkentnnisunter Verwahrung gegen die Kostenlast bleibt aber genau dieser Begründungsaufwand (Brandenburg FamRZ 2004, 651), der sogar anders als regelmäßig bei der streitigen und deshalb weiterhin nicht gebührenbegünstigten Entscheidung nach § 91a ZPO, vorab eine Beweisaufnahme erforderlich machen kann, erhalten (Zöller, Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 307 Rdnr. 12).

Es wird demnach daran festgehalten, dass bei (Teil-)Anerkenntnisurteil eine Gebührenermäßigung bei widerstreitenden Kostenanträgen nicht veranlasst ist (ebenso Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, MDR 2005, 1195; OLG Hamm, AGS 2002, 183; OLG Karlsruhe, jur. Büro 2001, 374; OLG Frankfurt, NJW.RR 2001, 717 f.; a.A. s. OLG Stuttgart, AGS 2009, 248 f. Rdnr. 10 m.w.N.).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 66 Abs. 8 GKG.

Eine weitere Beschwerde findet nicht statt (§ 66 Abs. 3 S.3 GKG).

Dr. Riegel   Schommartz   Barthelmes

Verfahrensgang:
LG Bayreuth 13 HKO 5/12
OLG Bamberg 8 W 89/12