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Insolvenz des Arbeitgebers

 

Ist ein Arbeitgeber überschuldet oder zahlungsunfähig, dann ist beim Insolvenzgericht ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Schon wenn die Zahlungsunfähigkeit droht, also wenn der Arbeitgeber voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, kann ein Antrag gestellt werden.

Ablehnung des Insolvenzverfahrens

Das Insolvenzgericht kann die Einleitung eines Insolvenzverfahrens ablehnen, falls die Überprüfung eine geringe „Masse“ ergibt, es also zu wenig Vermögen gibt. Bei kleineren Unternehmen ist das durchaus häufig der Fall. Eine Ablehnung erfolgt immer dann, wenn das vorhandene Vermögen voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insolvenzverfahrens abzudecken. In diesem Fall erhält der Arbeitnehmer aber unter Umständen Insolvenzgeld (siehe unten). Unter diesen Voraussetzungen empfiehlt es sich für den Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung auszuüben, wenn die Lohnzahlung nicht erfolgt. Die Kündigung sollte, zur Vermeidung von Sperrzeiten beim ALG-I-Bezug nur erklärt werden, wenn ein neuer Arbeitsplatz in Aussicht steht. Normalerweise dürfte wegen der Insolvenz die Kündigung ohnehin vom Arbeitgeber erfolgen.

Wird das Insolvenzverfahren eingeleitet, ergeben sich folgende Auswirkungen.

Auswirkung auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses

Trotz der Insolvenz besteht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich unverändert weiter. Das ergibt sich aus § 108 InsO, wonach „Dienstverhältnisse“ fortbestehen. Hierunter fallen damit auch Arbeitsverhätnisse als Sonderform des Dienstverhältnisses. Wird ein Insolvenzverfahren eingeleitet, so kann der Insolvenzverwalter gemäß § 113 InsO gegenüber dem Arbeitnehmer die ordentliche Kündigung erklären. Der Insolvenzverwalter kann ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung den Arbeitnehmer kündigen. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende. Allerdings hat der Arbeitnehmer wegen der vorzeitigen Kündigung ein Recht auf Schadensersatz als Insolvenzgläubiger. Denkbar ist auch eine außerordentliche Kündigung durch den Insolvenzverwalter, die aber nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen hat, den die Insolvenz stellt keinen außerordentlichen Kündigungsgrund dar.

Ein Arbeitnehmer kann sowieso stets ohne Angabe eine Grundes kündigen und muss lediglich die gesetzliche, bzw. ggf. vertragliche Frist beachten. Die Kündigung sollte, wie zuvor bereits erwähnt, zur Vermeidung von Sperrzeiten beim ALG-I-Bezug nur erfolgen, wenn ein neuer Arbeitsplatz in Aussicht steht. Die außerordentliche Eigenkündigung allein wegen der Insolvenz setzt zusätzlich Verzug mit der Lohnzahlung voraus.

Auswirkung auf den Arbeitslohn

Der Arbeitslohn der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurde, gilt als Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO (Verbindlichkeit aus „gegenseitigen Verträgen“).

Im Gegensatz zu anderen Insolvenzgläubigern ist der Arbeitnehmer mit seinem betreffenden Lohnanspruch privilegiert, vorausgesetzt, dass die „Masse“ ausreicht. Es gibt keine Anmeldung zur sogenanten Insolvenztabelle. Der Insolvenzverwalter hat diese Arbeitslöhne bevorzugt „vorneweg“ zu zahlen, wie sich aus § 53 InsO ergibt.

Ansprüche auf Arbeitslohn, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet wurden, können jedoch nur als normale Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO angemeldet werden, soweit sie nicht durch das Insolvenzgeld (siehe unten) abgedeckt sind.

Anspruch auf Insolvenzgeld

Ein Arbeitnehmer hat unter folgenden Voraussetzungen Anspruch auf Insolvenzgeld gemäß § 165 SGB III, das bei der Agentur für Arbeit beantragt werden kann. Zum Zeitpunkt des sogenannten Insolvenzereignisses muss er im Inland beschäftigt sein und für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Als Insolvenzereignis gilt:

  1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers,
  2. die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder
  3. die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt.

Das Insolvenzgeld stellt einen Ausgleich für ganz oder teilweise nicht gezahlten Lohn dar. Im Umkehrschluss folgt daraus, dass kein Anspruch besteht, wenn vor dem Eintritt des Insolvenzereignis der Arbeitnehmer vollumfänglich Lohn erhalten hat. Nach Eintritt des Ereignisses, z.B. Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Abweisung des Antrags auf Eröffnung erhält der Arbeitnehmer kein Insolvenzgeld.

Handlungen des Insolvenzverwalters mit Wirkung auf das Arbeitsverhältnis

Der Insolvenzverwalter übt die Fuktion des Arbeitgebers aus. Wie zuvor dargestellt, zahlt er den Lohn und kann Kündigungen aussprechen oder ein dem Arbeitnehmer gewährtes Arbeitgeber-Darlehen zurückfordern. Auch das Direktionsrecht geht auf den Insolvenzverwalter über. Gemäß § 120 InsO ist er zur Kündigung von Dienstvereinbarungen berechtigt. Unter Maßgabe der §§ 123 ff. InsO kann er einen Sozialplan aufstellen und einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat vereinbaren.

Gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen

Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter kündigt, kann der Arbeitnehmer auf Feststellung klagen, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Die Klage richtet sich gegen den Insolvenzverwalter, auch für den Fall des Streits über Arbeitslohn.