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Ausbildungsverhältnis - Rechte und Pflichten

 

Die Parteien eines Vertrages der eine Ausbildung zum Inhalt hat, bezeichnet man als Ausbilder und Auszubildenen (Azubi). Sie schließen einen Ausbildungsvertrag, dessen Rechte und Pflichten durch diverse Gesetze reglementiert ist, unter anderem das Berufsbildungsgesetz (BBiG).

Der Berufsausbildungsvertrag

Die wesentlichen Vertragsbestandteile eines Berufsausbildungsvertrages richten sich nach §§ 10, 11 BBiG. Im Vertragstext müssen folgende Bestandteile auf jeden Fall vorhanden sein:

  1. Art, sachliche und zeitliche Gliederung sowie Ziel der Berufsausbildung, insbesondere die Berufstätigkeit, für die ausgebildet werden soll,
  2. Beginn und Dauer der Berufsausbildung,
  3. Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte,
  4. Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit,
  5. Dauer der Probezeit,
  6. Zahlung und Höhe der Vergütung,
  7. Dauer des Urlaubs.
  8. Voraussetzungen, unter denen der Berufsausbildungsvertrag gekündigt werden kann,
  9. ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Berufsausbildungsverhältnis anzuwenden sind.

Die elektronische oder gar mündliche Vereinbarung ist ausgeschlossen. Die Parteien haben den Vertrag eigenhändig zu unterzeichnen. Für den häufigen Fall, das der Azubi noch minderjährig ist, haben seine gesetzlichen Vertreter, im Regelfall also die Eltern zusätzlich zu unterzeichnen.

Pflichten des Auszubildenen

Auszubildende haben sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist Die Pflichten des Azubi sind in § 13 BBiG wie folgt geregelt. Azubis sind insbesondere verpflichtet:

  1. die ihnen im Rahmen ihrer Berufsausbildung aufgetragenen Aufgaben sorgfältig auszuführen,
  2. an Ausbildungsmaßnahmen teilzunehmen, für die sie nach § 15 freigestellt werden,
  3. den Weisungen zu folgen, die ihnen im Rahmen der Berufsausbildung von Ausbildenden, von Ausbildern oder Ausbilderinnen oder von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden,
  4. die für die Ausbildungsstätte geltende Ordnung zu beachten,
  5. Werkzeug, Maschinen und sonstige Einrichtungen pfleglich zu behandeln,
  6. über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Stillschweigen zu wahren.

Verletzt der Azubi seine Pflichten, kann das eine Abmahnung oder Kündigung zur Folge haben. Zudem macht er sich schadensersatzpflichtig.

Pflichten des Ausbildenen

Hauptpflicht des Ausbildenden ist es dem Azubi die für den Beruf wesentlichen Inhalte zu vermitteln. Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind.

Gemäß § 14 BBiG haben Ausbildende

  1. dafür zu sorgen, dass den Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit vermittelt wird, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich ist, und die Berufsausbildung in einer durch ihren Zweck gebotenen Form planmäßig, zeitlich und sachlich gegliedert so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann,
  2. selbst auszubilden oder einen Ausbilder oder eine Ausbilderin ausdrücklich damit zu beauftragen,
  3. Auszubildenden kostenlos die Ausbildungsmittel, insbesondere Werkzeuge und Werkstoffe zur Verfügung zu stellen, die zur Berufsausbildung und zum Ablegen von Zwischen- und Abschlussprüfungen, auch soweit solche nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stattfinden, erforderlich sind,
  4. Auszubildende zum Besuch der Berufsschule sowie zum Führen von schriftlichen Ausbildungsnachweisen anzuhalten, soweit solche im Rahmen der Berufsausbildung verlangt werden, und diese durchzusehen,
  5. dafür zu sorgen, dass Auszubildende charakterlich gefördert sowie sittlich und körperlich nicht gefährdet werden.

Ausbildende haben Azubis für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen. Das Gleiche gilt, wenn Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte durchzuführen sind.

Der Azubi hat eine angemessene Vergütung zu erhalten. Am Ende der Ausbildung muss der Ausbildene ein Zeugnis erteilen.

Ausbildungszeugnis

Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszubildenden. Auf Verlangen Auszubildender sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen. Im Wesentlichen gelten die gleichen Grundsätze wie beim Arbeitszeugnis für den Arbeitnehmer.

Vergütung des Auszubildenen

Die Vergütung hat angemessen zu sein. Richtwerte hierfür können Tarifverträge bieten. Es ist das Lebensalter des Azubi zu berücksichtigen und so zu bemessen, dass die Vergütung mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, ansteigt.Etwaige Sachleistungen können angerechnet werden, jedoch nicht über 75 % der Bruttovergütung hinaus. Überstunden sind besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen.

Die Bemessung und Fälligkeit der Vergütung werden von § 18 BBiG festgelegt und bieten keinen Ermessensspielraum. Demnach bemisst sich die Vergütung nach Monaten. Bei Berechnung der Vergütung für einzelne Tage wird der Monat zu 30 Tagen gerechnet.Die Vergütung für den laufenden Kalendermonat ist spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu zahlen.

Probezeit

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. So ist es in § 20 BBiG geregelt. Anders als bei Arbeitsverhältnissen kann auf eine Probezeit nicht verzichtet werden. Die Kündigung bedarf keiner Begründung. Nach Ablauf der Probezeit kann nur noch eingeschränkt gekündigt werden (siehe unten).

Die Eignung der Ausbildungsstätte

An die Eignung der Ausbildungsstätte werden, um die Erreichung des Ausbildungsziels zu gewährleisten, einige Anforderungen gestellt.

So dürfen Auszubildende nur eingestellt und ausgebildet werden, wenn die Ausbildungsstätte nach Art und Einrichtung für die Berufsausbildung geeignet ist und die Zahl der Auszubildenden in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Ausbildungsplätze oder zur Zahl der beschäftigten Fachkräfte steht, es sei denn, dass anderenfalls die Berufsausbildung nicht gefährdet wird. Auch eine an sich ungeegignete Betriebsstätte gilt als geeignet, wenn die Inhalte durch Maßnahmen außerhalb der Betriebsstätte vermittelt werden.

Die Eignung des Ausbildenden

Der Ausbildende darf nur ausbilden, wenn er persönlich und fachlich geeignet ist. Bei fehlender Eignung kann aber ein fachlich geeigneter Ausbilder bestellt werden.

An der persönlichen Eignung fehlt es unter anderem bei wiederholten Verstößen gegen das BBiG. Die fachliche Eignung ist in § 30 BBiG geregelt. Neben einer angemessenen Zeit der praktischen Tätigkeit in seinem Beruf besitzt der Ausbildende die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten, wenn er

  1. die Abschlussprüfung in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat,
  2. eine anerkannte Prüfung an einer Ausbildungsstätte oder vor einer Prüfungsbehörde oder eine Abschlussprüfung an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Schule in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat,
  3. eine Abschlussprüfung an einer deutschen Hochschule in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung bestanden hat oder
  4. im Ausland einen Bildungsabschluss in einer dem Ausbildungsberuf entsprechenden Fachrichtung erworben hat, dessen Gleichwertigkeit nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz oder anderen rechtlichen Regelungen festgestellt worden ist.

Interessenvertretung des Auszubildenden

Soweit ein Betriebsrat im Betrieb vorhanden ist, ist er gleichermaßen die Interessenvertretung des Auszubildenden zuständig, soweit er das 25. Lebensjahr vollendet hat. In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf Arbeitnehmern kann gemäß § 60 BetrVG eine Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt werden, soweit der Azubi das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Azubis wählen eine besondere Interessenvertretung, wenn sie gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BBiG einen außerbetrieblichen Lernort haben.

Beendigung des Ausbildungsverhältnisses

Das Berufsausbildungsverhältnis endet gemäß § 21 BBiG mit dem Ablauf der Ausbildungszeit. Im Falle der Stufenausbildung endet es mit Ablauf der letzten Stufe.Bestehen Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss. Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr.

Während in der Probezeit jederzeit und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden kann, ist das Kündigungsrecht gemäß § 22 BBiG eingeschränkt. Ohne Einhalten einer Kündigungsfrist kann von beiden Parteien bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden. Grundsätzlich gelten die gleichen Grundsätze wie in einem Arbeitsverhältnis, wobei die spezifischen Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses zu berücksichtigen sind. Beispielsweise ist die Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt bei beharrlicher Weigerung die Berufsschularbeiten zu erledigen.

Nur vom Azubi kann mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will.

Nach erfolgreichem Ablauf der Ausbildungszeit kann die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis vereinbart werden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung wird ein Arbeitsverhältnis fingiert, wenn nach Beendigung der Ausbildungszeit mit Duldung des Arbeitgebers weiterhin eine Arbeitsleistung erbracht wird. Die Zeiten des Ausbildungsverhältnis werden für die 6-monatige Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1 KSchG) angerechnet.

Streitigkeiten – Schlichtung – gerichtliche Geltendmachung

Bevor es zu förmlichen Maßnahmen kommt, sollte zunächst das persönliche Gespräch zwischen den Parteien gesucht werden. Anderenfalls können zur Beilegung von Streitigkeiten aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis die zuständigen Stellen der Kammern, Innungen etc. Ausschüsse bilden, denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl angehören müssen. Der Ausschuss hat die Parteien mündlich zu hören. Wird der von ihm gefällte Spruch nicht innerhalb einer Woche von beiden Parteien anerkannt, so kann binnen zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden.

Ist das Ausbildungsverhältnis beendet, entfällt die Anrufung des Schlichtungsausschusses. Durch die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses können Streitgegenstände das Rechtsschutzbedürfnis verlieren. Eine Klage auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte fehlt in der Regel das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Azubi vom Ausbildenden nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen wurde.