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Arbeitnehmerüberlassung – Rechtsgrundlagen der Leiharbeit

 

Die Überlassung von Arbeitnehmern an andere Arbeitgeber (Entleiher) wird als Leiharbeit bezeichnet. Rechtsgrundlage ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG).

Erlaubnispflicht

Ein Arbeitgeber darf nicht ohne Weiteres seine Arbeitnehmer an andere Arbeitgeber ausleihen. Er bedarf der Erlaubnis der Bundesagentur für Arbeit (BA). Nicht der Erlaubnispflicht unterliegt ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten, der zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen einen Arbeitnehmer bis zur Dauer von zwölf Monaten einem anderen Arbeitgeber überlässt. Einschränkungen der Erlaubnispflicht gibt es im Baugewerbe.

Die Beantragung der Erlaubnis

Der Arbeitgeber hat einen schriftlichen Antrag an die BA zu stellen. Die Erlaubnis kann unter Bedingungen und Auflagen erfolgen. Die Erlaubnis ist grundsätzlich auf ein Jahr befristet, kann aber verlängert werden nach erneuter Antragstellung des Arbeitgebers. Die Erlaubnis kann unbefristet erteilt werden, wenn der verleihende Arbeitgeber drei aufeinanderfolgende Jahre lang beanstandungsfrei tätig war.

Versagung der Überlassungserlaubnis

Die Erlaubnis oder ihre Verlängerung ist gegenüber einem unzuverlässigen Arbeitgeber zu versagen, insbesondere, wenn er gegen die Vorschriften zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verstößt. Das gleiche gilt bei Verstößen gegen den Arbeitsvertrag, z.B. wenn der Leiharbeitnehmer gegenüber einem vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers entgegen den dort geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen beschäftigt wird oder den Arbeitslohn in der vorgesehenen Höhe nicht erhält. § 3 AÜG stellt insoweit einen gesetzlich festgeschriebenen Gleichbehandlungsgrundsatz dar.

Nicht erlaubt ist ferner die Entsendung in einen Betrieb, der sich weder auf dem Gebiet eines EU-Mitgliedsstaates noch in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum befindet.

Eine bereits erteilte Erlaubnis kann bei späterem Eintritt der Versagungsgründe widerrufen, bzw. zurückgenommen werden.

Mindestlohn

Zur Vermeidung von Lohndumpimg durch billige Arbeitskräfte, wurde § 3a AÜG zur Sicherung des Mindestlohns geschaffen. Durch Tarifvertrag können Lohnuntergrenzen für die Arbeitnehmerüberlassung vereinbart werden. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann daraufhin in einer Rechtsverordnung bestimmen, dass die vorgeschlagenen tariflichen Mindeststundenentgelte nach als verbindliche Lohnuntergrenze auf alle in den Geltungsbereich der Verordnung fallenden Arbeitgeber sowie Leiharbeitnehmer Anwendung findet. In diesem gilt dann ein gesetzlicher Mindestlohn, der dem Leiharbeitnehmer zu zahlen ist.

Unwirksame Vereinbarungen zwischen Verleiher und Entleiher

Hat der Arbeitgeber keine Erlaubnis der BA zum Verleihen, so ist ein Vertrag mit dem Entleiher und auch mit dem Arbeitnehmer unwirksam. Weitere Unwirksamkeitsgründe sind unter anderem Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (siehe oben) oder die Verpflichtung des Leiharbeitnehmers zur Zahlung einer Vermittlungsgebühr an den Verleiher.

Rechtsfolge der Unwirksamkeit

Ist der Vertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer wegen fehlender Erlaubnis unwirksam, so gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen. Bei Eintritt der Unwirksamkeit erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher, gilt das „neue“ Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen.

Hatte der unwirksame Vertrag eine Befristung, so gilt auch der neu zustande gekommene Vertrag ebenfalls als befristet.

Auf den Punkt gebracht gibt es per Gesetz für den Leiharbeitnehmer einen Wechsel des Arbeitgebers, wenn der Arbeitgeber keine Erlaubnis zum Verleihen hatte. Dann wird automatisch der Entleiher zum Arbeitgeber. Zudem hat der Leiharbeitnehmer auch noch Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Verleiher für Nachteile dafür, dass er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut hat.

Ist ein Arbeitgeber jedoch im Besitz der erforderlichen Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, kommt zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande, auch wenn der Einsatz des Leiharbeitnehmers entgegen der Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt. Ein Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher kommt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG nur bei fehlender Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung des Verleihers zustande. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2013 - 9 AZR 51/13).

Verstoß gegen den Grundsatz „equal pay“

Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Der Leiharbeitnehmer hat den gleichen Lohn zu bekommen, wie die vergleichbaren Stammarbeitnehmer des Entleihers.

Betriebsverfassungsrechtliche Bezüge

Leiharbeitnehmer bleiben auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Verleihers. Aber gemäß § 7 Satz 2 BetrVG können sie an Betriebsratswahlen teilnehmen, soweit sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt worden sind. Leiharbeitnehmer sind bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat im Entleiherunternehmen und bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmervertretungen im Entleiherbetrieb nicht wählbar.

Besteht ein Betriebsrat in der Entleiherfirma, hat er folgendes zu beachten: Vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist der Betriebsrat des Entleiherbetriebs nach zu beteiligen. Gemäß § 99 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht. Im Entleiherbetrieb regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer sind bei der Größe des Betriebsrats grundsätzlich zu berücksichtigen

Kündigungsschutzrechtliche Bezüge

Bei der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) kommt es auf die Anzahl der Arbeitnehmer an. Es müssen mehr als zehn sein. Nach dem BAG sind Leiharbeitnehmer mitzuzählen im Betrieb des Entleihers, wenn ihr Einsatz auf einem „in der Regel“ vorhandenen Personalbedarf beruht.

In die Sozialauswahl sind Arbeitnehmer einzubeziehen, auch wenn sie ggf. nicht demselben Betrieb angehören wie der gekündigte Leiharbeitnehmer. Unabhängig davon, ob überlassene Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei der Berechnung der Betriebsgröße zu berücksichtigen sein können, bleiben sie während der Zeit ihrer Arbeitsleistung beim Entleiher jedenfalls auch Angehörige des Betriebs des Verleihers. Für die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung stellt § 14 Abs. 1 AÜG dies klar. Für die Sozialauswahl gilt nichts anderes. Für die Sozialauswahl ist es nicht von Bedeutung, wenn der Entleiher kein Interesse an der Arbeitskraft des Leiharbeitnehmers hatte. Der Verleiher ist dadurch nicht gehindert, ihn gegen einen der übrigen überlassenen, sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer auszutauschen.

Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn dem Verleiher ein Auftragsverlust drohen würde, wenn er anstelle des Betroffenen einen der sozial weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer beim Entleiher abgezogen hätte, oder wenn mit dem Entleiher ein vertraglicher Ausschluss des Austauschs vereinbart ist.

Fragen zur rechtlichen Durchsetzung

Anwaltliche Beratung ist denkbar bei der Antragstellung gegenüber der BA, Vertragsgestaltung zwischen Verleiher und Entleiher oder auf Seiten des Leiharbeitnehmers. Bei der gerichtlichen Durchsetzung geht es insbesondere um die Frage der Gleichbehandlung, z.B. "equal pay".