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Arbeitnehmererfindung und die Vergütung für den Arbeitnehmer

 

Ein Arbeitnehmer der während der Arbeitszeit eine Erfindung macht, hat Anspruch auf eine Gegenleistung dafür, dass der Arbeitgeber sie für sich nutzen kann. Regelungen hierzu finden sich im Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbnErfG). Bei Arbeitsverhältnissen, die darauf angelegt sind, dass der Arbeitnehmer in seiner Dienstzeit Erfindungen macht, werden üblicherweise spezielle Klauseln im Arbeitsvertrag vereinbart werden.

 

Definition der Erfindung

Es wird unterschieden zwischen gebundenen und freien Erfindungen. Erfindungen in den Schutzbereich des ArbnErfG sind nur Erfindungen, die patent- oder gebrauchsmusterfähig sind. Dagegen sind technische Verbesserungsvorschläge nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig. Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf angemessene Vergütung, sobald dieser sie verwertet. Die Bestimmungen der §§ 9 und 12 ArbnErfG über die Vergütung bei Inanspruchnahme einer Diensterfindung (siehe unten) sind sinngemäß anzuwenden. Das ArbnErfG eröffnet im übrigen hinsichtlich technischer Verbesserungsvorschläge die Regelung durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung.

Die Diensterfindung

Eine gebundene Erfindung, bzw. Diensterfindung ist eine während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemachte Erfindung, die entweder aus der dem Arbeitnehmer im Betrieb oder in der öffentlichen Verwaltung obliegenden Tätigkeit entstanden ist oder maßgeblich auf Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes oder der öffentlichen Verwaltung beruht.

Meldepflicht einer Diensterfindung

Der Arbeitnehmer, der eine Diensterfindung gemacht hat, ist § 5 ArbnErfG verpflichtet, sie unverzüglich dem Arbeitgeber gesondert in Textform zu melden und hierbei kenntlich zu machen, dass es sich um die Meldung einer Erfindung handelt. Sind mehrere Arbeitnehmer an dem Zustandekommen der Erfindung beteiligt, so können sie die Meldung gemeinsam abgeben. Der Arbeitgeber hat den Zeitpunkt des Eingangs der Meldung dem Arbeitnehmer unverzüglich in Textform zu bestätigen.

In der Meldung hat der Arbeitnehmer die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung zu beschreiben. Vorhandene Aufzeichnungen sollen beigefügt werden, soweit sie zum Verständnis der Erfindung erforderlich sind. Die Meldung soll dem Arbeitnehmer dienstlich erteilte Weisungen oder Richtlinien, die benutzten Erfahrungen oder Arbeiten des Betriebes, die Mitarbeiter sowie Art und Umfang ihrer Mitarbeit angeben und soll hervorheben, was der meldende Arbeitnehmer als seinen eigenen Anteil ansieht. Eine Meldung, die diesen Anforderungen nicht entspricht, gilt als ordnungsgemäß, wenn der Arbeitgeber nicht innerhalb von zwei Monaten erklärt, dass und in welcher Hinsicht die Meldung einer Ergänzung bedarf. Er hat den Arbeitnehmer, soweit erforderlich, bei der Ergänzung der Meldung zu unterstützen.

Inanspruchnahme einer Diensterfindung

Der Arbeitgeber kann eine Diensterfindung durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer in Anspruch nehmen.Die Inanspruchnahme gilt als erklärt, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der zuvor beschriebenen ordnungsgemäßen Meldung gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erklärung in Textform freigibt.

Vergütung bei Inanspruchnahme einer Diensterfindung

Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf angemessene Vergütung, sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung in Anspruch genommen hat.Für die Bemessung der Vergütung sind insbesondere die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die Aufgaben und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie der Anteil des Betriebes an dem Zustandekommen der Diensterfindung maßgebend.

Eine Vergütungsvereinbarung ist nach § 23 Abs. 1 ArbnErfG wegen Unbilligkeit unwirksam, wenn sie hinter dem gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung erheblich zurückbleibt. Es muss ein objektiv erhebliches Missverhältnis zwischen der in der Vereinbarung niedergelegten und der gesetzlich geschuldeten Leistung bestehen. Für die Geltendmachung eines - dem erhöhten Vergütungsanspruch nach Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung gemäß § 23 ArbnErfG vorgelagerten - Anspruchs auf Auskunft und Rechnungslegung gemäß §§ 242, 259 BGB bedarf es der Darlegung und gegebenenfalls des Beweises einer gewissen Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Vergütungsvereinbarung in erheblichem Maße unbillig ist.

§ 9 ArbnErfG stellt eine zulässige Inhaltsbestimmung gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar (Recht am Eigentum). Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit einer Erfindung im Sinne von § 9 Abs. 2 ArbnErfG als Erfindungswert den Betrag zugrunde zu legen, den der Betrieb einem freien Erfinder für die Benutzung oder den Erwerb der Erfindung zu zahlen gehabt hätte, und die angemessene Vergütung für den Arbeitnehmererfinder auf der Grundlage der erzielten Verkaufs- und Lizenzeinnahmen zu ermitteln. Als Anhaltspunkte für die Bemessung der Erfindervergütung können auf der Grundlage der von dem Arbeitgeber unter Verwendung der Erfindung erzielten Einnahmen und Lizenzen Vergütungsrichtlinien herangezogen werden.

Die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, kann weder mit dem Vertrieb eines erfindungsgemäßen Produkts noch mit dem Gewinn gleichgesetzt werden kann, den der Arbeitgeber aus dem Vertrieb dieses Produkts zieht. Dementsprechend ist es bei einer vereinbarungsgemäßen Erfindervergütung in Höhe von rund einer Million Euro, belanglos, wenn sich hieraus ein Erfindungswert von 448 Millionen US-$ errechnen ließe.

Schutzrechtsanmeldung einer Diensterfindung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet und allein berechtigt, eine gemeldete Diensterfindung im Inland zur Erteilung eines Schutzrechts unverzüglich anzumelden ("Schutzrechtsanmeldung"). Eine patentfähige Diensterfindung hat er zur Erteilung eines Patents anzumelden, es sei denn, ein Gebrauchsmusterschutz erscheint zweckdienlicher. erscheint. Beim Verstoß gegen die Anmeldepflicht kann der Arbeitnehmer die Anmeldung der Diensterfindung auf den Namen des Arbeitgebers selbst vornehmen.

Die Verpflichtung zur Anmeldung entfällt, wenn die Diensterfindung frei geworden ist, oder der Arbeitnehmer der Nichtanmeldung zustimmt. Das gleiche gilt wenn § 17 ArbnErfG vorliegt, z.B. wenn berechtigte Belange des Betriebes es erfordern, eine gemeldete Diensterfindung nicht bekanntwerden zu lassen.

Ist die Diensterfindung frei geworden, so ist nur der Arbeitnehmer berechtigt, sie zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden. Ist sie bereits zur Erteilung eines Schutzrechts angemeldet, so gehen die Rechte aus der Anmeldung auf den Arbeitnehmer über.

Die Diensterfindung kann auch im Ausland zur Erteilung von Schutzrechten nach Maßgabe des § 14 ArbnErfG angemeldet werden.

Gegenseitige Pflichten im Zuge der Anmeldung, z.B. Erteilung von Abschriften der Anmeldeunterlagen oder die Unterstützung durch den Arbeitnehmer in Form der Abgabe erforderlicher Erklärungen gegenüber der Behörde, sind in § 15 ArbnErfG geregelt.

Der Arbeitgeber kann das Recht an der Anmeldung auch aufzugeben, bzw. nicht weiterverfolgen. In diesem Fall hat er dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen das Recht zur Anmeldung zu übertragen

Freiwerden einer Diensterfindung

Eine Diensterfindung wird frei, wenn der Arbeitgeber sie durch Erklärung in Textform freigibt. Über eine frei gewordene Diensterfindung kann der Arbeitnehmer ohne die Beschränkungen der §§ 18 und 19 ArbnErfG verfügen. So braucht der Arbeitnehmer z.B. im Fall einer Verwetung, zunächst dem Arbeitgeber ein teilweises Recht zur Benutzung der Erfindung anzubieten.

Freie Erfindung

Alle sonstigen Erfindungen von Arbeitnehmern, die keine gebundene Erfindungen darstellen, sind sogenannte freie Erfindungen. Der Arbeitnehmer hat die Erfindung gemäß § 18 ArbnErfG dem Arbeitgeber unverzüglich durch Erklärung in Textform mitzuteilen. Dabei muss über die Erfindung und, wenn dies erforderlich ist, auch über ihre Entstehung so viel mitgeteilt werden, dass der Arbeitgeber beurteilen kann, ob die Erfindung frei ist.Bestreitet der Arbeitgeber nicht innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung durch Erklärung in Textform an den Arbeitnehmer, dass die ihm mitgeteilte Erfindung frei sei, so kann die Erfindung nicht mehr als Diensterfindung in Anspruch genommen werden. Eine Verpflichtung zur Mitteilung freier Erfindungen besteht nicht, wenn die Erfindung offensichtlich im Arbeitsbereich des Betriebes des Arbeitgebers nicht verwendbar ist.

Auch wenn die Erfindung dem Arbeitnehmer „gehört“ kann er während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht uneingeschränkt darüber verfügen. Er hat zunächst dem Arbeitgeber mindestens ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Erfindung zu angemessenen Bedingungen anzubieten, wenn die Erfindung im Zeitpunkt des Angebots in den Arbeitsbereich des Arbeitgebers fällt. Nimmt der Arbeitgeber das Angebot innerhalb von drei Monaten nicht an, so erlischt das Vorrecht. Bei rechtzeitiger Annahme aber Uneinigkeit über die Frage der Angemessenheit der Bedingungen des Angebots, kann die gerichtliche Festsetzung der Bedingungen auf Antrag einer Partei erfolgen.

Unabdingbarkeit des ArbnErfG

Die Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes können zuungunsten des Arbeitnehmers nicht abgedungen werden. Zulässig sind jedoch Vereinbarungen über Diensterfindungen nach ihrer Meldung und über freie Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge nach ihrer Mitteilung.

Unbilligkeit von Vereinbarungen

Gesetzlich zulässige Vereinbarungen über Diensterfindungen, freie Erfindungen oder technische Verbesserungsvorschläge und die Festsetzung der Vergütung (siehe oben) hierzu, sind sind gemäß § 23 ArbnErfG unwirksam, soweit sie in erheblichem Maße unbillig sind. Ansprüche hieraus müssen innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich gegenüber dem anderen Teil geltend gemacht werden. Anderenfalls sind sie verfallen.

Geheimhaltungspflicht

Der Arbeitgeber hat die ihm gemeldete oder mitgeteilte Erfindung eines Arbeitnehmers so lange geheimzuhalten, als dessen berechtigte Belange dies erfordern.Der Arbeitnehmer hat eine Diensterfindung so lange geheimzuhalten, als sie nicht frei geworden ist

Auswirkungen des ArbnErfG auf arbeitsvertragliche Regelungen

Sonstige Verpflichtungen, die sich für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, werden durch die Vorschriften dieses Gesetzes nicht berührt, soweit sich nicht daraus, dass die Erfindung frei geworden ist, etwas anderes ergibt. Sollten also der gesetzlichen Regelung gemäß §§ 8, 18, 19 ArbnErfG widerprechende arbeitsvertragliche Regelungen entgegenstehen, so hat die gesetzliche Regelung Vorrang.

Die Rechte und Pflichten aus diesem Gesetz werden durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, z.B. im Fall einer Kündigung, nicht berührt.

Besonderheiten im Insolvenzverfahren

Wird nach Inanspruchnahme der Diensterfindung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet, so gilt gemäß § 27 ArbnErfG folgendes:

Veräußert der Insolvenzverwalter die Diensterfindung mit dem Geschäftsbetrieb, so tritt der Erwerber für die Zeit von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an in die Vergütungspflicht des Arbeitgebers ein.

Verwertet der Insolvenzverwalter die Diensterfindung im Unternehmen des Schuldners, so hat er dem Arbeitnehmer eine angemessene Vergütung für die Verwertung aus der Insolvenzmasse zu zahlen.

In allen anderen Fällen hat der Insolvenzverwalter dem Arbeitnehmer die Diensterfindung sowie darauf bezogene Schutzrechtspositionen spätestens nach Ablauf eines Jahres nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzubieten; im Übrigen gilt § 16 ArbnErfG entsprechend. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot innerhalb von zwei Monaten nach dessen Zugang nicht an, kann der Insolvenzverwalter die Erfindung ohne Geschäftsbetrieb veräußern oder das Recht aufgeben. Im Fall der Veräußerung kann der Insolvenzverwalter mit dem Erwerber vereinbaren, dass sich dieser verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Vergütung nach § 9 ArbnErfG zu zahlen. Wird eine solche Vereinbarung nicht getroffen, hat der Insolvenzverwalter dem Arbeitnehmer die Vergütung aus dem Veräußerungserlös zu zahlen.

Im Übrigen kann der Arbeitnehmer seine Vergütungsansprüche nach den §§ 9 bis 12 ArbnErfG nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

Allgemeine Informationen zur Insolvenz des Arbeitgebers erhalten Sie hier.

Rechtsweg bei Streitigkeiten

In allen Streitfällen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die ihren Grund im Arbeitnehmererfindungsgesetz haben, kann jederzeit die Schiedsstelle angerufen werden. Die Schiedsstelle hat zu versuchen, eine gütliche Einigung herbeizuführen.Rechte oder Rechtsverhältnisse, die in diesem Gesetz geregelt sind, können im Wege der Klage erst geltend gemacht werden, nachdem ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist. In § 37 ArbnErfG sind hiervon Ausnahmen geregelt. So kann z.B. ohne Einschaltung des Schiedsgerichts gleich Klage erhoben werden, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb des Arbeitgebers ausgeschieden ist. Für alle Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers sind die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte gemäß § 143 Patentgesetz ausschließlich zuständig. Ausgenommen sind Rechtsstreitigkeiten, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Erfindung zum Gegenstand haben. In diesem Fall ist das Arbeitsgericht zuständig.

Besonderheiten im öffentlichen Dienst, bei Richtern und Beamten

Auf Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst, gelten gemäß § 40 ArbnErfG Besonderheiten.

Unter anderem kann an Stelle der Inanspruchnahme der Diensterfindung der Arbeitgeber eine angemessene Beteiligung an dem Ertrag der Diensterfindung in Anspruch nehmen, wenn dies vorher vereinbart worden ist. Soweit es das öffentliche Interesse gebietet, können dem Arbeitnehmer Beschränkungen hinsichtlich der Verwertung der Diensterfindung auferlegt werden.

Auf Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge von Beamten und Soldaten sind die Vorschriften für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst gemäß § 41 ArbnErfG entsprechend anzuwenden. Verwertet der Dienstherr die Erfindung, beträgt die Höhe der Vergütung 30 vom Hundert der durch die Verwertung erzielten Einnahmen.

Besonderheiten für Hochschulen

Für Erfindungen der an einer Hochschule Beschäftigten hat gemäß § 42 ArbnErfG auf deren Lehr- und Forschungsfreiheit Rücksicht genommen zu werden. So kann ein Erfinder aufgrund seiner Freiheit die Offenbarung seiner Diensterfindung ablehnen. In diesem Fall ist er nicht verpflichtet, die Erfindung dem Dienstherrn zu melden. Dem Erfinder bleibt im Fall der Inanspruchnahme der Diensterfindung ein nichtausschließliches Recht zur Benutzung der Diensterfindung im Rahmen seiner Lehr- und Forschungstätigkeit.