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Änderungskündigung des Arbeitnehmers

 

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer eine Kündigung auszusprechen, bei einem gleichzeitigen Angebot, das Arbeitsverhältnis unter veränderten Bedingungen fortzusetzen. Die Änderungskündigung ist in § 2 KSchG ausdrücklich geregelt. Die Änderungskündigung kann auch außerordentlich erklärt werden.

Schriftform des Änderungsangebots und seine Auslegung

Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB erstreckt sich auch auf das Änderungsangebot. Dieses ist Bestandteil der Kündigung. Der Inhalt des Änderungsangebots muss im Kündigungsschreiben zumindest hinreichenden Anklang finden. Dabei sind ggf. auch außerhalb des Schreibens liegende Umstände zur Auslegung der Erklärung heranzuziehen und zu berücksichtigen. Das Änderungsangebot des Arbeitgebers ist nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen auslegungsfähig. Die Auslegung wird gemäß §§ 133, 157 BGB vorgenommen.

Bestimmtheit des Änderungsangebotes

Nach der Rechtsprechung hat das Änderungsangebot hinreichend bestimmt zu sein. Demgemäß hat das Änderungsangebot so konkret gefasst zu sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Dies muss bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Fall sein. Eine spätere Klarstellung durch den Arbeitgeber reicht nicht aus.

Annahme des Änderungsangebots ohne Vorbehalt

Akzeptiert der Arbeitnehmer das Änderungsangebot vorbehaltlos, wird das Arbeitsverhältnis unter den geänderten Arbeitsbedingungen fortgefürt. Die geänderten Arbeitsbedingungen sind sodann Bestandteil des Arbeitsvertrages. Dabei hat der Arbeitnehmer darauf zu achten, dass er gemäß § 2 Satz 2 KSchG dass er Annahme innerhalb von 3 Wochen erklärt. Anderenfalls gilt das Änderungsangebot als abgelehnt. Dem Arbeitgeber steht es frei, dem Arbeitnehmer eine längere Frist einzuräumen. Die 3-Wochen-Frist darf er jedoch nicht unterschreiten.

Ablehnung des Änderungsangebots

Erklärt der Arbeitnehmer die Ablehnung des Änderungsangebots, so richtet sich der Prüfungsmaßstab des Gerichts nach den gleichen Grundsätzen wie bei einer Beendigungskündigung. Demnnach wird das Gericht entweder die Auflösung oder den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses –zu den Arbeitsbedingungen die vor der Änderungskündigung galten- feststellen.

Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt

Im Fall der Annahme des Änderungsangebotes unter dem Vorbehalt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist, wie sich aus § 2 Satz 1 KSchG ergibt. In diesem Fall hat er unter Beachtung der 3-Wochen-Frist eine sogenannte Änderungskündigungsschutzklage gemäß §§ 2, 4 Satz 2 KSchG zu erheben. Der entsprechenden Anwendung der §§ 2, 4 Satz 2 KSchG auf außerordentliche Änderungskündigungen steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG keine Verweisung auf § 2 KSchG enthält. Denn der Zweck des § 2 KSchG verlangt danach, dass der Arbeitnehmer die Wirksamkeit auch einer außerordentlichen Änderungskündigung gerichtlich überprüfen lassen kann, ohne zugleich den Verlust des Arbeitsplatzes insgesamt riskieren zu müssen.

Rechtzeitigkeit der Annahme des Änderungsangebots

Erklärt der Arbeitnehmer gemäß § 2 Satz 1 KSchG die Annahme unter Vorbehalt nicht fristgerecht, ist die verspätete Erklärung nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags unter Vorbehalt zu verstehen. Dieses kann der Arbeitgeber seinerseits annehmen. Der Arbeitgeber kann sich folglich auch nachträglich auf eine verspätete Annahme unter Vorbehalt einlassen.

Soziale Rechtfertigung

Eine Änderungskündigung iSv. § 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn das Änderungsangebot des Arbeitgebers durch Gründe iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle vorgesehenen Änderungen vorliegen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich vom Inhalt der bisherigen vertraglichen Regelung nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist.

Personenbedingte Gründe der sozialen Rechtfertigung

Als Gründe in der Person, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 Satz 1KSchG sozial rechtfertigen können, kommen Umstände in Betracht, die auf den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers beruhen. Eine auf sie gestützte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person - die nicht von ihm verschuldet sein müssen - zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine erhebliche und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses vor, so dass der Arbeitgeber, wenn keine andere Beschäftigung mehr möglich ist, eine Kündigung ausprechen kann.

Es ist im Rahmen von § 2 KSchG iVm. § 1 Abs. 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer einen ganz bestimmten freien Arbeitsplatz bezeichnet. Seiner Darlegungslast genügt der Arbeitnehmer in der Regel schon durch die Angabe des Betriebes und der Art der Beschäftigung auf die sich der freie Arbeitsplatz bezieht.

Die vorausgegangene Ablehnung einer im Prozess vorgetragenen Möglichkeit einer Tätigkeit hindert den Arbeitnehmer nicht, sich auf diese Änderungsmöglichkeit zu berufen. Sein Verhalten wäre nur dann widersprüchlich, wenn er zuvor hätte erkennen lassen, er werde ein entsprechendes Angebot unter keinen Umständen annehmen, auch nicht bei Ausspruch einer Änderungskündigung und auch nicht unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG.

Die Notwendigkeit, die Anpassung der Vertragsbedingungen auf das objektiv erforderliche Maß zu beschränken, stellt keine Überforderung des Arbeitgebers dar. Sofern im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein sollte, welches von mehreren möglichen Änderungsangeboten sich weniger weit vom bisherigen Vertragsinhalt entfernt, steht es dem Arbeitgeber frei, dem Arbeitnehmer die in Betracht kommenden Änderungen alternativ anzubieten. Der Arbeitnehmer hätte dann die Wahl, eines der Angebote vorbehaltlos oder unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG anzunehmen oder sämtliche Änderungsangebote abzulehnen.

Außerordentliche Änderungskündigung - wichtiger Grund

Eine Änderungskündigung kann auch als außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden. Voraussetzung ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein wichtiger Grund setzt hinsichtlich der Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbare Notwendigkeit und deren Zumutbarkeit für den gekündigten Arbeitnehmer voraus. Auch vom Arbeitnehmer nicht zu vertretende Umstände in seiner Person können geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Ein wichtiger Grund kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Umständen, die in seiner Sphäre liegen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung auf unabsehbare Dauer nicht mehr in der Lage ist. Darin liegt regelmäßig eine schwere und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses, auf die der Arbeitgeber, wenn keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, mit einer außerordentlichen Kündigung reagieren kann. Und wenn eine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht, kommt eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht. Eine außerordentliche Kündigung mit einer der ordentlichen Kündigung entsprechenden Auslauffrist kann berechtigt sein, wenn die ordentliche Kündbarkeit tariflich ausgeschlossen ist.

An eine personenbedingte außerordentliche Änderungskündigung wegen Einschränkungen des Arbeitnehmers die auf einer Krankheit beruhen, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Schon eine ordentliche Kündigung wegen einer Leistungsminderung setzt voraus, dass die verbliebene Arbeitsleistung die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem unveränderten Arbeitsvertrag unzumutbar ist. Für die außerordentliche (Änderungs-) Kündigung gilt dies in noch höherem Maße. Es ist dem Arbeitgeber regelmäßig zuzumuten, eine krankheitsbedingte Leistungsminderung des Arbeitnehmers durch entsprechende Maßnahmen auszugleichen, z.B. durch eine dies berücksichtigende Aufgabenverteilung.

Im Fall eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber alternative, mildere Möglichkeiten zur Kündigung besonders zu beachten. Der Arbeitgeber hat zur Vermeidung einer Kündigung alle in Betracht kommenden Beschäftigungs- und Einsatzmöglichkeiten von sich aus umfassend zu prüfen und eingehend zu sondieren. Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar sein, dass er auch unter Berücksichtigung der besonderen Verpflichtungen alles Zumutbare unternommen hat, um eine Kündigung zu vermeiden. Ist der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar, kann der Arbeitgeber im Einzelfall verpflichtet sein, zur Vermeidung einer außerordentlichen Änderungskündigung einen gleichwertigen Arbeitsplatz freizukündigen. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes muss grundsätzlich nicht versuchen, zur Vermeidung einer Änderungskündigung eine Weiterbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu erreichen.

Verhältnismäßigkeit der außerordentlichen Änderungskündigung

Ob der Arbeitnehmer in eine ihm angebotene Änderung einwilligen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderung muss geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Zumutbar ist eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen dem Arbeitnehmer insbesondere dann, wenn dies die einzige Möglichkeit darstellt, ihn überhaupt weiterzubeschäftigen.

Eine gesonderte Rechtfertigung des Vergütungsangebots ist nur dann entbehrlich, wenn dieses sich aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt. Eine Aufspaltung des Änderungsangebots in die Veränderung der Tätigkeit einerseits und deren Vergütung andererseits ist ausgeschlossen, da die neue Tätigkeit einer bestimmten Entgeltgruppe zugeordnet ist, so dass sich ihre Vergütung"automatisch" ergibt. Ist die Veränderung der Tätigkeit als solche unabweisbar und daher geeignet, eine darauf gerichtete außerordentliche Änderungskündigung zu rechtfertigen, so gilt dies auch hinsichtlich der Änderung der Eingruppierung. Eine ledigliche Anpassung der Tätigkeit des Arbeitnehmers an die neuen Gegebenheiten und der Belassung der bisherigen - nunmehr übertariflichen - Bezahlung, ist dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zumutbar.

Kündigungserklärungsfrist der außerordentlichen Änderungskündigung

Der Arbeitgeber hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu beachten. Bei dem für die Änderungskündigung maßgeblichen Mangel der Eignung des Arbeitnehmers für die bisherige Tätigkeit handelt es sich um einen sog. Dauertatbestand. Für die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist es ausreichend, dass im Fall eines Dauertatbestandes (z.B. Krankheit) auch noch in den letzten beiden Wochen vor Ausspruch der Kündigung vorgelegen hat.

Anhörung des Betriebsrats

Bei einer Änderungskündigung hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat nach § 102 BetrVG die Pflicht zur Mitteilung sowohl des Änderungsangebots als auch der Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen. Ansonsten gelten die allgemeinen Vorschriften zur Betriebsratsanhörung.

Auflösungsantrag

Nach der Rechtsprechung ist eine gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit der Folge des Ausspruchs einer Abfindung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG bei Klagen gegen Änderungskündigungen jedenfalls dann möglich, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen hat.

Streiten die Parteien aber nur über die Bedingungen des bestehenden Arbeitsverhältnisses, gibt es keinen Grund, einen solchen gerichtlichen Eingriff vorzusehen. Die Situation ist im wesentlichen Punkt anders als in einem Fall, in dem die Parteien über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses streiten, die Beendigung zumindest vom Arbeitgeber gewollt und sie durchaus ein mögliches Ergebnis des Prozesses ist. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG findet im Rahmen einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG weder unmittelbare noch analoge Anwendung.