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Freunde finden-Funktion bei facebook - KG Berlin 5 U 42/12

10. Nov
2014

 - 0Das Kammergericht hat Facebook unter Androhung von Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft seine bisherigen Verfahrensweisen bei der Versendung von Freundschaftsanfragen an Dritte verboten (Kammergericht Berlin, Urteil vom 24.01.14 - 5 U 42/12).

Gegenstand der Klage ist die Anwendungsoption "Freunde finden". In dessen Verlauf wird der Nutzer gefragt, ob seine Freunde schon bei Facebook registriert seien. Der schnellste Weg dies festzustellen sei das Durchsuchen seines E-Mail-Kontos. Dies kann der Nutzer sodann unter Angabe seiner E-Mail-Adresse und seines E-Mail-Passwortes und durch Betätigung des Buttons „Freunde finden" veranlassen. Unterhalb dieses Buttons befindet sich der als Link ausgestaltete Hinweis „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert". Betätigt der Nutzer diesen Link, so erscheint ein Pop-Up-Fenster mit folgender Information:

Wir können die E-Mail-Adressen, die Du mithilfe des Importeurs hochgeladen hast, dazu benutzen, um dir bei der Vernetzung mit deinen Freunden zu helfen. Dies beinhaltet auch das Generieren von Freundschaftsvorschlägen für dich und deine Kontakte auf Facebook."

Nach Betätigen des Buttons „Freunde finden" werden die E-Mail-Adressen derjenigen Kontakte des Nutzers, die nicht Mitglieder der Beklagten sind, importiert und sodann in einer Liste einzeln aufgeführt. Dort ist vor dem jeweiligen Kontakt ein Feld vorgesehen, das voreingestellt bereits ein Häkchen enthält, welches sich aber auch entfernen lässt. Unter dieser Liste befinden sich Buttons mit der Beschriftung „Einladungen versenden" und „überspringen". Sind Kontakte des Nutzers allerdings bereits Mitglied bei Facebook (was bei dem klägerseits dargestellten Registrierungsvorgang nicht der Fall war), so werden diese in einem ersten Schritt aufgelistet; erst sodann erfolgt in einem zweiten Schritt die vorstehend beschriebene Information über die Kontakte, die noch nicht Mitglieder bei Facebook sind.

Vorliegend kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der sich registrierende Nutzer (nach dem hier allein maßgeblichen Internetauftritt der Beklagten bis - jedenfalls - zum 2. November 2010) die wesentlichen Umstände der in seinem Namen versandten Einladungs-E-Mails erkennen konnte. Im Gegenteil: Ihm wird suggeriert, mithilfe seiner von ihm zur Verfügung gestellten E-Mail-Adressen würden nur diejenigen seiner Freunde gesucht, die bereits bei Facebook registriert sind. Denn der angesprochene Durchschnittsverbraucher (zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen) wird diesen Vorgang nach den ihm gegebenen Informationen so verstehen können.

Die Aufforderung zum Hochladen seines E-Mail-Kontos erscheint unter der Überschrift "Sind deine

Freunde schon bei Facebook?". Die weitere Angabe "Viele deiner Freunde sind vielleicht schonhier. Das Durchsuchen deines E-Mail-Kontos ist der schnellste Weg, um deine Freunde auf Facebook zu finden" verweist alleine auf eine Suche nach bereits bei Facebook registrierten Freunden. Der Link "Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert" lässt nur auf einen Hinweis zur Datensicherheit schließen, nicht aber auf Angaben zu weitergehenden Zwecken der beabsichtigten Suche. Der Verbraucher hat daher schon keinen Anlass; diesen Link zu betätigen. Darüber hinaus gibt auch dieser Link bei seiner Betätigung keine hinreichend deutliche Information zu einer Einladung per E-Mail solcher Freunde, die noch nicht Nutzer von Facebook sind. Es wird nur auf eine Hilfe "bei der Vernetzung mit deinen Freunden" hingewiesen sowie darauf, dies beinhalte "auch das Generieren von Freundschaftsvorschlägen für dich und deine Kontakte auf Facebook". Diese Aussagen können ohne weiteres allein auf eine Suche von bereits bei Facebook registrierten Freunden bezogen verstanden werden.

Jedenfalls dann, wenn in dem E-Mail-Konto des sich registrierenden Verbrauchers keine bereits bei Facebook registrierten Nutzer vorhanden sind, erhält dieser Verbraucher keine gesonderte Liste zu bereits vorhandenen Freunden. Er muss die sich ihm zeigende Liste nach denvorhergehend gegebenen Informationen aber so verstehen. Der Verbraucher erkennt dann gar nicht, dass er außerhalb des Netzwerks stehende Verwandte, Freunde und Bekannte anspricht, zumal mit einer E-Mail.

Der Hinweis über der Liste "Lade deine Freunde und Familienmitglieder zu Facebook ein" führt im Hinblick auf die geweckte Erwartungshaltung des Verbrauchers ebenfalls nicht entscheidend

weiter. Für sich genommen kann eine Einladung "zu Facebook" zwar andeuten, dass Außenstehende angesprochen werden sollen. Der sich registrierende Verbraucher wird an dieser Stelle aber keine vertieften Überlegungen mehr anstellen. In der Erwartung einer Suche nach bereits bei Facebook registrierten Freunden kann er den vorgenannten Hinweis ohne weiteres dahin verstehen, diese 'Freunde würden zu seinem Auftritt bei Facebook eingeladen werden. Dem sich registrierenden Verbraucher wird der Inhalt der Einladungs-E-Mails auch nicht konkret aufgezeigt.

Unter diesen Umständen wird dieser Verbraucher darüber getäuscht, dass nicht nur nach Freunden auf Facebook (deren grundsätzliches Einverständnis mit einer Suche der Verbraucher - angesichts des Zwecks eines sozialen Netzwerkes - man ohne weiteres annehmen kann) gesucht wird, sondern auch solche Verwandte, Freunde und Bekannte angesprochen werden, die außerhalb von Facebook stehen (und sich deshalb belästigt fühlen können).

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass Facebook den Missbrauch der Empfehlungs-Funktion nicht in Kauf nehmen würde. Denn es ist offensichtlich, dass die Weiterleitungsfunktion gerade dazu benutzt wird, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben.

Insoweit ist es auch unerheblich, wenn die Beklagte vorliegend in Ziff. 5.9 der "Erklärung der Rechte und Pflichten" den Hinweis aufgenommen hat "Du wirst Personen, die keine Nutzer sind, ohne ihre Einverständniserklärung weder markieren noch ihnen E-Mail-Einladungen schicken", zumal dies getrennt von den "Facebook-Datenschutzrichtlinien" erfolgt, die ihrerseits in Ziff. 6 Abs. 3 auf die E-Mail-Einladungen hinweisen. Die Beklagte kann nicht ernsthaft erwarten (und macht es auch nicht geltend), dass die sich registrierenden Nutzer diese verstreuten, zwischen einer Vielzahl von weiteren Informationen versteckten Angaben (die nur über Links in der Fußzeile der Webseite "Datenschutz" und "Impressum/Nutzungsbedingungen" eingesehen werden können) zur Kenntnis genommen haben, wenn sie bereits zu Beginn ihres Registrierungsverfahrens aufgefordert werden, Freunde zu finden und hierzu die Daten ihres E-Mail- Kontos zur Verfügung zu stellen, und dies ohne konkreten Hinweis auf die vorgenannten Angaben in ihren allgemeinen Nutzungsbedingungen.