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Intransparenz einer Überstundenklausel - BAG 5 AZR 765/10

13. Mar
2015

 - 0Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was "auf ihn zukommt". Ob der vertragliche Ausschluss jeder zusätzlichen Vergütung von Mehrarbeit diesem Transparenzgebot genügte, lag dem BAG zur Entscheidung vor. Die vorliegende Überstundenklausel war im Ergebnis wegen Intransparenz unwirksam.

Der Kläger war als Lagerleiter zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 1.800,00 Euro bei der beklagten Spedition tätig. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vereinbart. Bei betrieblichem Erfordernis sollte der Kläger ohne besondere Vergütung zu Mehrarbeit verpflichtet sein. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt der Kläger Vergütung für 968 geleistete Überstunden.

Im Arbeitsvertrag heißt es auszugsweise: „4. 3. Der Arbeitnehmer .. ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet. 4. 4. Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung. …“

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der 968 Überstunden stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Bei Fehlen einer (wirksamen) Vergütungsregelung verpflichtet § 612 Abs. 1 BGB den Arbeitgeber, geleistete Mehrarbeit zusätzlich zu vergüten, wenn diese den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Eine entsprechende objektive Vergütungserwartung ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht.

(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10).

Die Beklagte schuldet dem Kläger nach § 612 Abs. 1 BGB Überstundenvergütung. Angesichts der Höhe des vereinbarten Bruttoentgelts war die Leistung von Überstunden nur gegen eine zusätzliche Vergütung zu erwarten. Der vertragliche Ausschluss jeder zusätzlichen Vergütung von Mehrarbeit war wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Der Arbeitsvertrag lässt aus der Sicht eines verständigen Arbeitnehmers nicht erkennen, welche Arbeitsleistung der Kläger für das regelmäßige Bruttoentgelt schuldete. Er konnte bei Vertragsschluss nicht absehen, was auf ihn zukommen würde.

Die Parteien haben zwar in Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach Ansicht des BAG nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Die Rechtsprechung hält eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel nur dann für klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls "auf ihn zukommt" und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss.

Das BAG führt wie folgt aus: Die Klausel Tz. 4. 4. soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4. 3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung "bei betrieblicher Erfordernis", ohne diese näher zu konkretisieren. Überhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares "Über- und Mehrarbeit" in Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll.

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Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Februar 2012 - 5 AZR 765/10:


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. Oktober 2010 - 6 Sa 63/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.


Tatbestand

[1] Die Parteien streiten über Mehrarbeitsvergütung.

[2] Der Kläger war bei der beklagten Spedition als Lagerleiter gegen ein monatliches Bruttoentgelt von 1. 800, 00 Euro beschäftigt.

[3] In dem von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 2002 heißt es auszugsweise:

"4. Arbeitszeit

4. 1. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 42 Arbeitsstunden.

4. 2. Die Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen.

4. 3. Der Arbeitnehmer (in) ist bei betrieblicher Erfordernis auch zur Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

4. 4. Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung. …

10. Erlöschen von Ansprüchen

10. 1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erlöschen 2 Monate nach Fälligkeit im laufenden Arbeitsverhältnis und 1 Monat nach Fälligkeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Ausschlußfrist), wenn sie nicht binnen dieser Frist schriftlich geltend gemacht werden.

10. 2. Wird ein geltend gemachter Anspruch innerhalb von 14 Tagen nicht entsprochen, kann er mit einer weiteren Frist von 2 Monaten Klage erheben.

10. 3. Nach Ablauf der vorbenannten Fristen sind die Ansprüche verwirkt."

[4] Aufgrund einer mündlichen Abrede gewährte die Beklagte dem Kläger für die in der Zeit von 18: 00 Uhr bis 6: 00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden einen "Nachtzuschlag" iHv. 25 % des Stundenlohns. Der "Nachtzuschlag" wurde in den Entgeltabrechnungen zumeist als steuerfrei ausgewiesen.

[5] Mit Anwaltsschreiben vom 9. April 2009 machte der Kläger erstmalig Vergütung von Überstunden geltend. Mit der am 21. September 2009 zugestellten Klage hat der Kläger - soweit in der Revision noch von Interesse - Vergütung für 968 in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden verlangt.

[6] Der Kläger hat - soweit in der Revision noch von Interesse - beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9. 534, 80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. September 2009 zu zahlen.

[7] Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Überstunden seien mit dem monatlichen Bruttoentgelt abgegolten. Der Kläger habe vereinbarungsgemäß für Über- und Mehrarbeit nur den vereinbarten "Nachtzuschlag" erhalten sollen. Darüber hinaus seien die erhobenen Ansprüche verwirkt.

[8] Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hinsichtlich der noch streitigen 968 Überstunden stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.


Entscheidungsgründe

[9] Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im angefochtenen Umfang zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung von 968 Überstunden gemäß § 612 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iHv. 9. 534, 80 Euro brutto nebst Prozesszinsen.

[10] I. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Unmittelbar ergeben sich hieraus für den Kläger keine Ansprüche. Die Vorschrift ist aber entsprechend anzuwenden, wenn eine in bestimmter Höhe gewährte Arbeitsvergütung nicht den vollen Gegenwert für die erbrachten Dienstleistungen darstellt, also Überstunden auf diese Weise vergütet werden sollen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 9 mwN, BAGE 135, 250).

[11] 1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger im Streitzeitraum insgesamt 968 von der Beklagten angeordnete bzw. betriebsnotwendige Überstunden geleistet.

[12] 2. Hinsichtlich dieser Stunden gab es keine Vergütungsabrede der Parteien.

[13] a) Die Parteien haben zwar in Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags bestimmt, dass der Kläger für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhalte. Diese Regelung ist jedoch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

[14] aa) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei der streitigen Klausel um eine von der Beklagten gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB.

[15] bb) Unbeschadet der Frage, ob eine Regelung wie Tz. 4. 4. die Hauptleistungspflichten der Parteien betrifft, unterliegt sie jedenfalls nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB der Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach kann sich die zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führende unangemessene Benachteiligung aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bedingung ergeben. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Es müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner des Klauselverwenders soll ohne fremde Hilfe Gewissheit über den Inhalt der vertraglichen Rechte und Pflichten erlangen können und nicht von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten werden. Eine Klausel muss im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 13 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

[16] cc) Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was gegebenenfalls "auf ihn zukommt" und welche Leistung er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 15 mwN, BAGE 135, 250; 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 14 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

[17] dd) Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags ist nicht klar und verständlich. Die Klausel soll Arbeitsstunden erfassen, die die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden überschreiten. Dabei sind bereits die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, nur vage umschrieben. Tz. 4. 3. des Arbeitsvertrags nennt als Bedingung "bei betrieblicher Erfordernis", ohne diese näher zu konkretisieren. Überhaupt nicht ist der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit geregelt. Damit ist die vom Kläger ohne eine weitere Vergütung zu leistende Arbeit weder bestimmt noch bestimmbar. Insbesondere lässt sich weder der Klausel selbst noch den arbeitsvertraglichen Bestimmungen im Übrigen eine Begrenzung auf die gemäß § 3 ArbZG zulässige Höchstarbeitszeit entnehmen. Die Verwendung des Begriffspaares "Über- und Mehrarbeit" in Tz. 4. 4. des Arbeitsvertrags deutet im Gegenteil darauf hin, dass auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von der Klausel erfasst sein soll (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 15, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 486; HWK/Thüsing 5. Aufl. § 611 BGB Rn. 134).

[18] Die Klausel bliebe selbst dann intransparent, wenn sie - einschränkend - dahin auszulegen wäre, dass nur bis zu sechs wöchentliche Überstunden mit der Vergütung abgegolten sein sollten. Denn auch dann enthielte sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume. Die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt zwar nicht gleichsam automatisch zu deren Intransparenz. Lässt sich jedoch eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten. Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu sechs Stunden wöchentlich gewollt gewesen, hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 16 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10).

[19] b) Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die mündlich getroffene Vereinbarung eines "Nachtzuschlags" keine pauschalierte Überstundenvergütung beinhaltete. Durchgreifende Rügen hat die Revision nicht vorgebracht.

[20] 3. Nach § 612 Abs. 1 BGB gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Diese Vergütungserwartung ist im Streitfall gegeben.

[21] a) Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es nicht. Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt. Sie kann sich insbesondere daraus ergeben, dass im betreffenden Wirtschaftsbereich Tarifverträge gelten, die für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Die - objektive - Vergütungserwartung wird deshalb in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 10; 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 31 mwN, EzA BGB 2002 § 612 Nr. 11). Sie wird aber fehlen, wenn arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind (vgl. BAG 21. September 2011 - 5 AZR 629/10 - Rn. 32, aaO) oder wenn Dienste höherer Art geschuldet sind oder insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 20, 21, aaO). Von letztem Fall wird regelmäßig ausgegangen werden können, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet. Mit dieser dynamischen Verdienstgrenze gibt der Gesetzgeber alljährlich zu erkennen, welche Einkommen so aus dem in der Solidargemeinschaft aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten herausragen, dass damit keine weitere Rentensteigerung mehr zu rechtfertigen ist. Wer mit seinem aus abhängiger Beschäftigung erzielten Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, gehört zu den Besserverdienern, die aus der Sicht der beteiligten Kreise nach der Erfüllung ihrer Arbeitsaufgaben und nicht eines Stundensolls beurteilt werden. Ihnen und ihren Arbeitgebern fehlt regelmäßig die objektive Vergütungserwartung für ein besonderes Entgelt als Gegenleistung für die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit.

[22] b) Der Kläger erbrachte im Streitfall einheitliche Arbeitsleistungen, für die er - unter Anwendung eines objektiven Beurteilungsmaßstabs - eine zusätzliche Vergütung nach den Bedingungen seines Arbeitsvertrags erwarten durfte. Der Kläger leistete keine Dienste höherer Art und erzielte keine deutlich herausgehobene Vergütung. Sein Einkommen lag in den Jahren 2006 bis 2008 jeweils deutlich unter der Beitragsbemessungsgrenze Ost.

[23] 4. Nach § 612 Abs. 2 BGB ist die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen. Diese ist vom Landesarbeitsgericht zutreffend auf 9. 534, 80 Euro brutto bestimmt worden.

[24] II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Ansprüche des Klägers auf Überstundenvergütung nicht verwirkt sind, weil es an dem erforderlichen Umstandsmoment fehlt. Muss der Verpflichtete davon ausgehen, dass der Berechtigte von den ihm zustehenden Ansprüchen nichts weiß (vgl. BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - BAGE 97, 326; BGH 15. September 1999 - I ZR 57/97 - zu II 4 der Gründe, NJW 2000, 140), kann er nicht darauf vertrauen, der Berechtigte werde wegen des Zeitablaufs seine Rechte nicht mehr geltend machen (vgl. BGH 12. März 2008 - XII ZR 147/05 - zu II 3 der Gründe, NJW 2008, 2254). Dies ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis des Berechtigten auf dem Verhalten des Verpflichteten beruht (vgl. BGH 27. Juni 1957 - II ZR 15/56 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 25, 47). Hierfür bietet die Verwendung einer unwirksamen AGB-Klausel einen typischen Fall.

[25] III. Die Ansprüche des Klägers sind nicht gemäß Tz. 10. des Arbeitsvertrags verfallen. Die als AGB geregelte zweistufige Ausschlussfrist ist unwirksam, weil sie den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 7 der Gründe, BAGE 115, 19; 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - Rn. 34 ff., BAGE 116, 66).

[26] IV. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

[27] V. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).