Kündigung im kirchlichen Kleinbetrieb - LAG Mainz 1 Sa 554/14
Die Klage einer Erzieherin gegen die Kündigung gegen ihren Arbeitgeber hat das LAG Mainz abgewiesen. Beim Arbeitgeber handelt es sich einem kirchlichen Kleinbetrieb, und zwar einem Kirchengemeindeverband des Kirchenverwaltungsrats im Bistum Trier. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, da die Beklagte nicht mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt. Es handelt sich beim Kirchengemeindeverband um einen Kleinbetrieb, so dass die Beklagte keine Kündigungsgründe angeben muss, es also nicht auf eine soziale Rechtfertigung der Kündigung ankam.
Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 16.01.2015 - 1 Sa 554/14:
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.08.2014 - Az.: 9 Ca 1456/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1980 geborene, ledige Klägerin war bei der Beklagten in deren Kindertagesstätte seit dem 02.11.2007 als Erzieherin, zuletzt in der Funktion der stellvertretenden Leiterin der Einrichtung gegen Bruttobezüge von zuletzt 2.700,00 EUR/Monat beschäftigt.
Die Beklagte gehört neben anderen Gemeinden dem Kirchengemeindeverband M. an, der durch den Bischof von Trier mit Wirkung zum 1. September 2011 errichtet wurde. Nach dem Übernahmevertrag zwischen der Beklagten und dem Kirchengemeindeverband (Bl. 41 ff. d.A.) übernahm der Kirchengemeindeverband mit Wirkung zum 1. Januar 2013 „die arbeitstechnische und arbeitsrechtliche Organisations- und Leitungsmacht über die Tätigkeitsbereiche Liturgischer Dienst, Pfarrsekretariat, Reinigungsdienst, Hausmeisterdienst“.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 der „Ordnung für die gemäß Strukturplan 2020 gebildeten Kirchengemeindeverbände im Bistum Trier(KGV-O)“ vom 29. Juni 2011 werden dem Gemeindeverband die Wahrnehmung der Aufgaben der zusammengeschlossenen Kirchengemeinden in den Bereichen Liturgischer Dienst (Küster-, Organisten-, Chorleiterdienst), Pfarrsekretariat, Reinigungs- und Hausmeisterdienst, Anlagenpflege und weitere Dienste, soweit diese nicht den Betrieb einer Kindertagesstätte betreffen, übertragen.
Mit Schreiben vom 26.03.2014 kündigte die Beklagte, bei der eine Mitarbeitervertretung nicht gewählt ist, das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30.06.2014. Das Kündigungsschreiben der Beklagten ist unterzeichnet von der Vorsitzenden ihres Verwaltungsrates sowie einem weiteren Verwaltungsratsmitglied und trägt das Dienstsiegel der Beklagten.
Vor Ausspruch der Kündigung lud die Vorsitzende des Verwaltungsrats die weiteren Mitglieder mit Email-Schreiben vom 11.2.2014 zu einer Sitzung des Verwaltungsrats ein. Nach dem Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrats mit Datum vom 23.2.2014 waren neben der Vorsitzenden 3 von 4 gewählten Mitgliedern anwesend und es wurde einstimmig der Beschluss gefasst, das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.6.2014 zu kündigen.
Zwischen den Parteien ist streitig, wie viele Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG bei der Beklagten beschäftigt werden. Nach Darstellung der Beklagten werden in Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG 7,75 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin behauptet, es seien weitere 2,5 Arbeitnehmer zu berücksichtigen, wobei allerdings unstreitig ist, dass ein von der Beklagten berücksichtigter vollzeitig beschäftigter Arbeitnehmer eine Mitarbeiterin, die die Klägerin mit 1,0 berücksichtigt wissen will (Frau K.), aufgrund deren Erkrankung lediglich vertritt.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass auch die Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse auf den Kirchengemeindeverband übergegangen sind, zu berücksichtigen seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.8.2014 -9 Ca 1456/14- (Bl. 138 ff. d.A.).
Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht die gegen die Kündigung vom 26.3.2014 gerichtete Kündigungsschutzklage abgewiesen und zur Begründung zusammengefasst ausgeführt:
Der Kündigung liege ein ordnungsgemäßer Beschluss des Verwaltungsrats der Beklagten zugrunde. Zur entsprechenden Sitzung sei ordnungsgemäß eingeladen worden. Auch habe Beschlussfähigkeit bestanden.
Mangels Bestehens einer Mitarbeitervertretung komme eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 30 Abs. 5 der MAVO des Bistums Triernicht in Betracht.
Das KSchG finde keine Anwendung, so dass die Kündigung nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen sei. Die Beklagte beschäftige nach eigenem Sachvortrag der Klägerin allenfalls 9,75 Arbeitnehmer. Eine Berücksichtigung von Arbeitnehmern des Kirchengemeindeverbands scheide aus. Ein gemeinschaftlicher Betrieb zwischen der Beklagten und dem Kirchengemeindeverband zur Führung des Kindergartens bestehe nicht. Die Kündigung sei auch nicht nach §§ 242, 138 BGB bzw. § 613 a BGB rechtsunwirksam. Es liege im Verhältnis der Beklagten zum Kirchengemeindeverband leidglich ein Teilbetriebsübergang hinsichtlich der im Übernahmevertrag genannten Funktionen vor. Der Kindergartenbetrieb sei hiervon nicht erfasst worden.
Das genannte Urteil ist der Klägerin am 8. September 2014 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 30. September 2014 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 10. November 2014, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.
Nach Maßgabe des Schriftsatzes, sowie des weiteren Schriftsatzes vom 22. Dezember 2014, auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird (Blatt 168 ff., 216 ff d.A.), macht die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:
Der Kündigung liege kein wirksamer Beschluss des Verwaltungsrats zu Grunde. Unter Verletzung der entsprechenden Vorschriften des Gesetzes über die Verwaltung und Vertretung des Kirchenvermögens im Bistum Trier (Kirchenvermögensverwaltungsgesetz – KVVG) sei zu der Sitzung nicht ordnungsgemäß eingeladen worden. Die vorgesehene Schriftform der Einladung sei durch deren Übermittlung durch einfache E-Mail nicht gewahrt worden. Auch seien die gewählten Mitglieder H. und A. nicht eingeladen worden. Es müsse auch bestritten werden, dass überhaupt am 24. Februar 2014 eine Beschlussfassung über die Kündigung der Klägerin erfolgt sei.
Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Betriebsübergang auf den Kirchengemeindeverband M. übergegangen sei. Es handle sich nicht lediglich um einen Teilbetriebsübergang. Vielmehr sei die selbstständige Einheit der Beklagten aufgrund der Errichtungsurkunde vom 25. Juli 2011 als Ganzes auf den Gemeindeverband übergegangen. Wenn aber das kirchliche Gemeindevermögen übergehe, gehe selbstverständlich auch der Kindergarten mit über. Hieraus folge, dass gemäß § 613a BGB die Kündigung bereits deshalb unwirksam sei, weil das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finde.
Die Kündigung sei auch wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gemäß §§ 242,138 BGB unwirksam. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass Grund für den Ausspruch der Kündigung der Wunsch der Klägerin nach Errichtung einer Mitarbeitervertretung gewesen sei. Sie habe gegenüber der Kirchenleitung mehrfach auf die Notwendigkeit der Errichtung einer Mitarbeitervertretung hingewiesen, so auch anlässlich einer Veranstaltung am 22. Januar 2014 und in einem weiteren Gespräch vom 30. Januar 2014. Die Kündigung habe einzig dem Ziel gedient, eine qualifizierte Mitarbeiterin daran zu hindern, die Einrichtung einer Mitarbeitervertretung zu veranlassen.
Die Klägerin beantragt,
Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.8.2014, Az. 9 Ca 1456/14, wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten 26.3.2014, der Klägerin zugegangen am 27.3.2014, nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung mit Schriftsatz vom 9.12.2014, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 201 ff. d.A.), als zutreffend und macht im Wesentlichen geltend:
Die Einladung zur Sitzung, auf welcher der Verwaltungsrat die Kündigung des Arbeitsverhältnisses beschlossen habe, sei ordnungsgemäß. Die Verwaltungsratsmitglieder hätten sich auf eine telekommunikative Form der Einladung verständigt. Es seien auch sämtliche Mitglieder eingeladen worden. Im Übrigen käme es auf die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Verfahrens durch den Verwaltungsrat nicht an, da die Kündigungserklärung der Form des § 14 Abs. 1 KVVG entspreche und deshalb nach § 14 Abs. 2 KVVG nach außen das Vorliegen eines ordnungsgemäßen Beschlusses festgestellt werde. Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch einen Betriebsübergang der Kindertagesstätte auf den Kirchengemeindeverband abgelehnt. Die Behauptung der Klägerin, die Kündigung sei im Hinblick auf ihren Wunsch nach Errichtung einer Mitarbeitervertretung erfolgt, sei falsch und zudem verspätet. Im Gespräch am 22.1.2014 sei über das Thema Mitarbeitervertretung nur allgemein gesprochen worden, wobei weder die Klägerin noch ein anderes Mitglied des Teams die Gründung einer Mitarbeitervertretung als notwendig angesehen hätten. Am 30.1.2014 sei die Errichtung einer Mitarbeitervertretung überhaupt nicht thematisiert worden.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Das Rechtsmittel ist an sich statthaft. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
II.In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Die streitgegenständliche Kündigung ist wirksam.
1. Die Kündigung ist nicht bereits deshalb unwirksam, weil möglicherweise Fehler im Verfahren der Beschlussfassung des Verwaltungsrats als nach § 1 KVVG zur Vertretung der Beklagten berufenem Organ vorlagen. Hierbei kann dahin stehen, ob tatsächlich die von der Klägerin geltend gemachten Mängel im Verfahren der Beschlussfassung vorlagen oder nicht.
a) §§ 10 - 13 KVVG regeln im Einzelnen das Verfahren der Einberufung von Sitzungen, deren Durchführung und die Modalitäten der Beschlussfassung sowie der Protokollierung gefasster Beschlüsse. Sie betreffen damit die innere Ordnung des Vertretungsorgans der Kirchengemeinde, nicht aber unmittelbar die Frage der Wirksamkeit der Vertretung der Gemeinde nach außen. Wie sich aus § 14 Abs. 2 KVVG ergibt, dürfen grundsätzlich durch den Verwaltungsrat Dritten gegenüber Willenserklärungen nur im Rahmen ordnungsgemäß zustande gekommener Beschlüsse abgegeben werden. Fehlt es hieran, verletzt ein Mitglied des Verwaltungsrats, welches nach außen Willenserklärungen abgibt, die ihre Grundlage nicht in einem wirksamen Beschluss haben, der Kirchengemeinde gegenüber die aus dem KVVG folgenden Pflichten.
Hieraus folgt aber nicht ohne weiteres die Unwirksamkeit entsprechender Willenserklärungen.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Willenserklärungen der Kirchengemeinde wirksam sind, wird durch § 14 KVVG "Verbindlichkeit der Willenserklärung" geregelt. Nach § 14 Abs. 1 KVVG bedürfen Willenserklärungen zu ihrer Rechtsverbindlichkeit der Schriftform und der Unterschriften des Vorsitzendenoder seines Stellvertreters und eines Mitgliedes des Verwaltungsrats sowie der Beidrückung des Amtssiegels. Gemäß § 14 Abs. 2 KVVG wird hierdurch nach Außen das Vorliegen eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschlusses festgestellt. Im Interesse der Rechtssicherheit sollen somit evtl. Fehler im Verfahren der Beschlussfassung des Verwaltungsrats ohne rechtliche Auswirkung bleiben, wenn die in § 14 Abs. 1 KVVG normierten Voraussetzungen erfüllt sind.
Die streitgegenständliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte ausweislich des Kündigungsschreibens in Schriftform. Sie wurde von der Vorsitzenden des Verwaltungsrats sowie einem weiteren Mitglied desselben unterschrieben. Ebenso wurde das Amtssiegel der Beklagten beigedrückt. Das Kündigungsschreiben erfüllt somit sämtliche Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 KVVG, so dass die im Schreiben enthaltene Willenserklärung rechtsverbindlich ist.
b) Hinzu kommt, dass selbst dann, wenn entsprechend der Auffassung der Klägerin und unter Außerachtlassung des § 14 KVVG davon ausgegangen würde, dass eine im Namen der Gemeinde abgegebene Willenserklärung zu ihrer Rechtswirksamkeit im Verhältnis zu Dritten stets das Vorliegen eines wirksamen Beschlusses des Verwaltungsrates voraussetzen würde, dies nur dazu führen würde, dass die Vorsitzende des Verwaltungsrates zusammen mit einem weiteren Mitglied desselben für die Gemeinde durch die Kündigung eine Willenserklärung als Vertreter ohne Vertretungsmacht abgegeben hätten.
Bei einer Kündigung als einseitigem Rechtsgeschäft ist zwar eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Die Klägerin hat jedoch die Kündigung nicht "bei der Vornahme" im Sinne des § 180 S. 2 BGB beanstandet, sondern mit ihrer Kündigungsschutzklage zunächst nur die fehlende soziale Rechtfertigung der Kündigung gerügt und erstmals mit Schriftsatz vom 07. August 2014 auf angebliche Mängel in der Beschlussfassung des Verwaltungsrats hingewiesen. Dementsprechend war die Kündigung in entsprechender Anwendung von § 180 S. 2, § 177 Abs. 1 BGB allenfalls schwebend unwirksam und genehmigungsfähig. Eine solche Genehmigung hat die Beklagte jedenfalls konkludent dadurch erteilt, dass sie im vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an die Kündigung als rechtmäßig verteidigt hat (vgl. BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - EzA § 626 BGB 2002 Nr. 33).
2. Die streitgegenständliche Kündigung ist auch nicht nach § 1 Abs. 1 KSchG mangels sozialer Rechtfertigung rechtsunwirksam. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung, da die Beklagte nicht mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt.
a) Soweit auf die Anzahl der Arbeitnehmer der Beklagten selbst abgestellt wird, beschäftigt diese auch ausgehend vom Sachvortrag der Klägerin selbst weniger als 10 Arbeitnehmer. Die Berufungskammer folgt den diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Urteil. Insbesondere ist der Mitarbeiter K. nicht neben der von ihm vertretenen Mitarbeiterin K. zu berücksichtigen. Eine "Doppeltzählung" von Vertreter und Vertretenem findet nicht statt, wenn ein Arbeitnehmer lediglich zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird, weil es hierdurch nicht zu einer Erhöhung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl kommt (KR-KSchG/Bader, 10. Aufl., § 23 KSchG, Rz. 39 m.w.N.).
b) Eine Einbeziehung auch der Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Kirchengemeindeverband stehen, scheidet aus.
aa) Soweit die Klägerin mit ihrer Berufung die Auffassung vertritt, die selbständige Einheit der Beklagten sei aufgrund der Errichtungsurkunde vom 25.07.2011 als Ganzes auf den Kirchengemeindeverband übergegangen und damit gegebenenfalls geltend machen will, die Beklagte habe ihre rechtliche Identität in einer Art Verschmelzungsvorgang auf den Kirchengemeindeverband verloren, ist dies unzutreffend. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 der Ordnung für die gemäß Strukturplan 2020 gebildeten Kirchengemeindeverbände im Bistum Trier (KGV-O) wirken die in einem Kirchengemeindeverband verbundenen Gemeinden kooperativ als eigenständige Kirchengemeinden zusammen, so dass die Kirchengemeinden ihre Rechtspersönlichkeit als Körperschaften des öffentlichen Rechts behalten.
bb) Ebenso rechtfertigt die von der Klägerin vertretene Auffassung, die zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes erforderliche Betriebsgröße im Sinne von § 23 Abs,. 1 KSchG sei deshalb erreicht, weil das Arbeitsverhältnis durch einen Betriebsübergang nach § 613 a BGB auf den Kirchengemeindeverband übergegangen sei, keine andere rechtliche Beurteilung.
(1) Wenn sich durch den Beitritt der Beklagten zum Kirchengemeindeverband ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB vollzogen hätte, wäre die Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte allein aus diesem Grund abzuweisen, da dann zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung schon kein Arbeitsverhältnis mehr zur Beklagten bestand, welches von ihr hätte gekündigt werden können.
Gem. Errichtungsurkunde des Bischofs von Trier vom 25.7.2011 wurde der Kirchengemeindeverband M. mit Wirkung zum 1. September 2011 errichtet, der Übernahmevertrag zwischen der Beklagten und dem Kirchengemeindeverband nennt als Datum der Übernahme von Funktionen der Beklagten durch den Kirchengemeindeverband den 1. Januar 2013. Wenn also rechtlich ein Betriebsübergang vorliegen würde, hätten sich die zu dessen Herbeiführung maßgeblichen Vorgänge geraume Zeit vor Zugang der Kündigung (27.3.2014) vollzogen und das Arbeitsverhältnis der Klägerin wäre mangels Widerspruchs der Klägerin bereits vor Zugang der Kündigung und Erhebung der Kündigungsschutzklage auf den Kirchengemeindeverband übergegangen. Aufgrund der sog. Punktuellen Streitgegenstandstheorie kann aber dann, wenn bereits im Kündigungszeitpunkt das Arbeitsverhältnis auf einen Betriebserwerber übergegangen ist, die mit dem Kündigungsschutzantrag gegenüber dem Betriebsveräußerer begehrte Feststellung, dass durch dessen Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden ist, nicht getroffen werden, da zwischen den Parteien zum Kündigungszeitpunkt schon kein Arbeitsverhältnis mehr bestand, welches hätte gekündigt werden können (BAG 27.10.2005 -8 AZR 568/04- EzA § 613 a BGB 2002 Nr. 42; GK-KSchG/Treber, 10. Aufl., § 613a BGB Rz. 205 mwN; GK-KSchG/Friedrichs, § 4 Rz. 96d).
(2) Zudem liegt ein auch die Kindertagesstätte erfassender Betriebsübergang nicht vor. Aus dem Übernahmevertrag zwischen der Beklagten und dem Kirchengemeindeverband ergibt sich nicht, dass auch der Tätigkeitsbereich des Kindergartens auf den Kirchengemeindeverband übertragen und zukünftig von diesem wahrgenommen werden sollte. Im Gegenteil waren ausweislich von § 2 Abs. 1 Nr. 4 KGVO (Bl. 205 d.A.) die Aufgaben im Bereich einer Kindertagesstätte von einer Übertragung auf die Kirchengemeindeverbände gerade ausgeschlossen. Hierdurch wurde auch nicht in unzulässiger Weise die Rechtsfolge des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB umgangen. Es trifft zu, dass es rechtlich nicht möglich ist, von den Folgen eines Betriebsübergangs einzelne Arbeitsverhältnisse durch Vereinbarung zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auszunehmen. Gegenstand einer Vereinbarung kann aber sein, ob ein Betrieb, mehrere Betriebe oder ggfs. nur ein Betriebsteil übertragen werden.
Vorliegend handelt es sich bei der Kindertagesstätte um einen eigenen Betrieb.
Als Übergang eines Betriebs im Sinne des § 613 a BGB gilt die Übertragung einer abgrenzbaren Einheit, durch die ein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird, der aufgrund der Übertragung durch den Erwerber im Wesentlichen unverändert fortgesetzt werden kann (vgl. nur GK-KSchG/Treber, aaO., § 613 a BGB Rz. 21 ff. mwN.). Die Kindertagesstätte ist eine solche Einheit. Sie ist räumlich abgegrenzt und verfügt über eigene materielle Betriebsmittel und mit ihr wird ein eigenständiger, abgrenzbarer Zweck verfolgt. Auch in organisatorischer Hinsicht besteht eine Abgrenzung und gewisse Eigenständigkeit, da der Kindergarten über eine eigene Leitung verfügt, der die Klägerin als stellvertretende Leiterin angehörte. Wie bereits dargelegt, wurde diese wirtschaftliche Einheit weder hinsichtlich der materiellen Betriebsmittel, noch hinsichtlich der Leitungsmacht auf den Kirchengemeindeverband übertragen.
3. Die Kündigung ist auch nicht nach § 612 a i.V.m. § 134 BGB unwirksam.
Soweit die Klägerin geltend macht, Grund für den Ausspruch der Kündigung sei ihre mehrfach geäußerte Forderung nach Errichtung einer Mitarbeitervertretung gewesen, ist die Klägerin mit der darin enthaltenen Rüge des Unwirksamkeitsgrundes nach § 612 a BGB i.V.m. § 134 BGB ausgeschlossen.
a) Träfe der Sachvortrag der Klägerin zu, die Kündigung sei Reaktion auf ihre Forderung nach Errichtung einer Mitarbeitervertretung gewesen, wäre die Kündigung nach § 612 a BGB i.V.m. § 134 BGB unwirksam. Mit einem solchen Verlangen hätte die Klägerin zulässigerweise ihr Recht ausgeübt, die Beklagte auf deren Verpflichtung nach § 11 Abs. 1 MAVO Bistum Trier hinzuweisen. Wenn dies der bestimmende Bewegungsgrund für den Ausspruch der Kündigung gewesen wäre, würde es sich bei dieser um eine unzulässige Maßregelung mit der Folge der Unwirksamkeit handeln. § 612a BGB ist insoweit ein sonstiges Kündigungsverbot im Sinne des § 13 Abs. 3 KSchG.
b) Die Klägerin hat diesen Unwirksamkeitsgrund erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht und ist hiermit nach § 6 Satz 1 KSchG ausgeschlossen.
Ausweislich von Bl. 7, 8 d.A. wurde die Klägerin bereits mit der Ladung zum Gütetermin entsprechend dem Wortlaut des § 6 Satz 1 KSchG darauf hingewiesen, dass sie sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen kann und sie ansonsten Rechtsnachteile erleiden kann.
Ein derartiger Hinweis reicht zur Erfüllung der Hinweispflicht nach § 6 KSchG aus (vgl. BAG 18.1.2012 -6 AZR 407/10- EzA § 6 KSchG Nr. 4).
Die Klägerin hat den genannten Unwirksamkeitsgrund erstinstanzlich schriftsätzlich nicht geltend gemacht. Ebenso enthalten die Protokolle der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlungen keinen Hinweis auf eine entsprechende Geltendmachung des Unwirksamkeitsgrundes.
Die Klägerin hatte zunächst erstinstanzlich bestritten, dass die Mitarbeitervertretung ordnungsgemäß gehört worden sei. Nach Hinweis der Beklagten darauf, dass eine Mitarbeitervertretung nicht bestehe, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 7.8.2014 lediglich ausgeführt:
„Demnach hätte auch bei der Beklagten eine solche Einrichtung erstellt werden müssen, die Mitarbeiter haben dies auch mehrfach angemahnt, es ist jedoch nichts geschehen. Dies spiegelt also auch wieder, dass die Beklagte hier mit dem Betriebsübergang nur einiger Mitarbeiter und der Nichterrichtung einer MAV hier die Position der verbleibenden Arbeitnehmer bei der Beklagten schwächen wollte, was unwirksam ist.“
Diesem Sachvortrag lässt sich nicht entnehmen, dass gerade auch die Klägerin die Errichtung einer Mitarbeitervertretung gegenüber der Beklagten angemahnt haben will und dies in einem auf eine Kausalität hindeutenden zeitlichen Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Kündigung erfolgt sein soll.
Mit der Geltendmachung dieses Unwirksamkeitsgrundes ist die Klägerin im Berufungsverfahren nach der Präklusionsvorschrift (vgl. BAG 18.1.2012, aaO.) des § 6 Satz 1 KSchG ausgeschlossen.
4. Sonstige Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich.
III.Die Berufung
war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein
Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.