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Rückforderung von Bank-Bearbeitungsgebühren - BGH XI ZR 348/13

29. Oct
2014

 - 0Der BGH hat in einer grundsätzlichen Entscheidung zugunsten von Bankkunden entschieden. Es ging um die Frage der Verjährung von Erstattungsansprüchen wegen unrechtmäßig erhobener Kredit-Bearbeitungsgebühren. Geklagt hatten zwei Kunden von der Santander Bank und der CreditPlus Bank. Sie können die Bearbeitungsgebühren zurückfordern, wie schon zuvor entschieden worden ist. Unklar war bislang, nach wie vielen Jahren Kunden ihre Ansprüche noch rückwirkend zurückfordern können.

An sich gilt für diesen Sachverhalt die dreijährige Verjährung gemäß § 195 BGB. Aber in Anbetracht der bislang uneinheitlichen Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit der Bearbeitungsgebühren hat der BGH entschieden, dass die 10-jährige Verjährungsfrist anzuwenden ist.

Der einschlägige § 199 Abs. 4 BGB lautet wie folgt:

„... Ansprüche .... verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an .“

Daraus folgt, dass Bearbeitungsgebühren die vor 2004 entstanden sind, auf jeden Fall verjährt sind, soweit vom Bankkunden keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind. Es gilt eine 10-jährige Verjährungsfrist, so dass im Jahr 2014 noch alle Ansprüche seit 2004 geltend gemacht werden können. Allerdings ist durch das BGH-Urteil Rechtsklarheit entstanden, so dass die Frist nicht über 2014 hinaus angewendet werden kann. Schon ab 2011 hat sich eine gefestigte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte herausgebildet, so dass ab diesem Zeitraum die dreijährige Verjährung gilt.

Die Verjährung von Kredit-Bearbeitungsgebühren stellt sich wie folgt dar:


Anspruch entstanden: Anspruch verjährt zum:

vor dem 01.01.2004 ist verjährt, es sei denn, es erfolgten verjährungshemmende Maßnahmen
01.01.2004 – 31.12.2011 31.12.2014
01.01.2012 31.12.2015
01.01.2013 31.12.2016
01.01.2014 31.12.2017


Dem Bankkunden der ungerechtfertigt erhobene Bearbeitungsgebühren von der Bank zurückholen will, sollte seine Ansprüche rasch geltend machen. Denn soweit die Bearbeitungsgebühren im Zeitraum 2004 – 2011 entstanden sind, verjähren sie mit Ablauf des 31.12.2014. Daher sollte sich der Kunde zunächst schriftlich an die Bank wenden und mit gerichtlichen Schritten drohen für den Fall der Ablehnung. Sollte die Bank nicht zahlen, müssen „verjährungshemmende“ Maßnahmen erfolgen. Das erfolgt insbesondere durch gerichtliche Schritte. Die schriftliche Geltendmachung bei der Bank reicht nicht. Für die Verjährung wird abgestellt auf den Zugang der Klage oder des Mahnbescheids bei der Bank. Die Klage oder der Mahnantrag sollte also rechtzeitig in 2014 erfolgen Es sollte genügend Zeit für die Bearbeitung durch das Gericht eingeplant werden.


Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 153/2014 vom 28.10.2014:

Bundesgerichtshof entscheidet über den Verjährungsbeginn für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten in Verbraucherkreditverträgen

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in zwei Entscheidungen erstmals über die Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Darlehensbearbeitungsentgelten befunden. Danach begann die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB* i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB** für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar war.

In den beiden Verfahren begehren die Kläger von den jeweils beklagten Banken die Rückzahlung von Bearbeitungsentgelten, die die Beklagten im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen formularmäßig berechnet haben.

Im Verfahren XI ZR 348/13 schloss der dortige Kläger mit der dortigen Beklagten im Dezember 2006 einen Darlehensvertrag über 7.164,72 € ab. Die Beklagte berechnete eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt" von 189,20 €. Im Oktober 2008 schlossen die Parteien einen weiteren Darlehensvertrag über 59.526,72 € ab. Die Beklagte berechnete wiederum eine "Bearbeitungsgebühr inkl. Auszahlungs- und Bereitstellungsentgelt", die sich in diesem Falle auf 1.547,10 € belief. Im Juni/Juli 2011 wurde ein dritter Darlehensvertrag über 12.353,04 € geschlossen, wobei die Beklagte eine 3,5 %ige "Bearbeitungsgebühr" in Höhe von 343 € berechnete. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung dieser Bearbeitungsentgelte. Mit seiner im Dezember 2012 bei Gericht eingereichten Klage hat er ursprünglich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von insgesamt 2.079,30 € erstrebt. Die Beklagte hat die Klageforderung in Höhe eines Teilbetrages von 1.015,96 € - darin enthalten das Bearbeitungsentgelt für das im Jahre 2011 gewährte Darlehen sowie ein Teil des Bearbeitungsentgelts für das im Jahr 2008 aufgenommene Darlehen - anerkannt; im Übrigen erhebt sie die Einrede der Verjährung. Wegen des von der Beklagten nicht anerkannten Restbetrags der Klageforderung ist die Klage in den Vorinstanzen, die vom Verjährungseintritt ausgegangen sind, erfolglos geblieben.

Im Verfahren XI ZR 17/14 schloss der dortige Kläger mit der dortigen Beklagten im Februar 2008 einen Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 18.500 € ab. Die Beklagte berechnete ein Bearbeitungsentgelt in Höhe von 555 €, das der Kläger mit seiner im Jahre 2013 erhobenen Klage zurückfordert; die Beklagte erhebt ebenfalls die Verjährungseinrede. Die Rückforderungsklage war hier in beiden Vorinstanzen erfolgreich.

Der XI. Zivilsenat hat im Verfahren XI ZR 348/13 auf die Revision des klagenden Kreditnehmers das Berufungsurteil aufgehoben und die beklagte Bank zur Zahlung auch des von ihr nicht anerkannten Restbetrags der Klageforderung verurteilt. Im Verfahren XI ZR 17/14 ist die Revision der dort beklagten Bank erfolglos geblieben.

In beiden Rechtsstreiten sind die Berufungsgerichte im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die jeweilige Beklagte die streitigen Bearbeitungsentgelte durch Leistung der Klagepartei ohne rechtlichen Grund erlangt hat, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB***. Die Vereinbarung von Bearbeitungsentgelten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Verbraucherkreditverträge ist, wie der XI. Zivilsenat mit seinen beiden Urteilen vom 13. Mai 2014 entschieden hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB**** unwirksam (vgl. dazu Pressemitteilung Nr. 80/2014). Diese Rechtsprechung gilt auch für die hier streitgegenständlichen Entgeltregelungen.

Die Rückzahlungsansprüche beider Kläger sind zudem nicht verjährt; die gegenteilige Annahme der Vorinstanzen in der Sache XI ZR 348/13 ist unzutreffend. Bereicherungsansprüche verjähren nach § 195 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann aber die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in "banküblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2 % von der älteren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebilligt worden waren, war Darlehensnehmern vorliegend die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs künftig versagt werden würde.

Ausgehend hiervon sind derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 oder im Jahr 2004 vor mehr als 10 Jahren entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten - kenntnisunabhängigen - 10jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.

Urteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13

AG Mönchengladbach - Urteil vom 21. März 2013 - 3 C 600/12

LG Mönchengladbach - Urteil vom 4. September 2013 - 2 S 48/13

und

Urteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 17/14

AG Stuttgart - Urteil vom 24. Juli 2013 - 13 C 2949/13

LG Stuttgart - Urteil vom 18. Dezember 2013 - 13 S 127/13

Karlsruhe, den 28. Oktober 2014

* § 195 BGB

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

** § 199 BGB

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.der Anspruch entstanden ist und

2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) …

(3) ...

(3a) …

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) ...

*** § 812 BGB

1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. …

(2) …

**** § 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. ...

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist …