Telefonieren bei automatisch abgeschaltetem Motor erlaubt - OLG Hamm 1 RBs 1/14
Allgemein bekannt ist das Verbot des Handy-Telefonierens am Ohr beim Autofahren. Ein Grenzfall ist das Telefonieren im Startstopmodus, bei dem der Motor ausgeschaltet ist, jedoch durch Betätigen
des Gaspedals schnell wieder in Gang gesetzt werden kann. Ein Autofahrer erhielt einen Bußgeldbescheid, weil er auf diese Weise telefonierte. Das Oberlandesgericht Hamm hat ihn nun freigesprochen.
Das Gericht hatte über die Auslegung des § 23 Abs. 1a StVO zu entscheiden, der im Wortlaut wie folgt lautet:
„Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.“
Es kam bei der Auslegung also darauf an, ob der Motor im „Start-Stop“-Modus im Sinne der Norm „ausgeschaltet“ ist oder nicht. Der Normalfall eines ausgeschalteten Motors ist das Aussschalten mittels Zündvorrichtung.
Das OLG Hamm sieht im Normzweck des § 23, dass dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stehen. Bei einem Fahrzeug im Stillstand dessen Motor nicht im Betrieb ist, fielen Fahraufgaben, wofür der Fahrzeugführer beide Hände benötigte, nicht an. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Motor zuvor durch den Fahrer mittels Betätigen der Zündung manuell oder durch Abbremsen bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden sei.
Die Auslegung des OLG Hamm verdient Zustimmung. Es wäre reine Förmelei, einen Unterschied zu machen bei der Frage, auf welche Weise der Motor nun abgestellt ist. Das wäre dann Aufgabe des Gesetzgebers, den § 23 Abs. 1a StVO neu zu fassen. Allerdings muss man sich als Autofahrer bewusst sein, dass das Telefonieren im „Start-Stop“-Modus riskant ist, da der Motor durch versehentliches Lösen des Gaspedals oder durch zu niedrige Motortemperatur sofort wieder hochfährt. In diesem Fall läge unbestritten ein verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO vor, mit der Folge eines Bußgelds. Vorsorglich sollte daher der Motor „richtig“ ausgestellt werden, also mittels Betätigen des Zündschlosses.
Volltext der Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 28. Oktober 2014 - 1 RBs 1/14:
Telefonieren bei automatisch abgeschaltetem Motor erlaubt
Ein Fahrzeugführer darf sein Mobiltelefon im Auto benutzen, wenn das Fahrzeug steht und der Motor infolge einer automatischen Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet ist. Das hat der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 09.09.2014 unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund entschieden. Der heute 22 Jahre alte Betroffene aus Dortmund befuhr im April 2013 mit einem Pkw der Marke Daimler die Ruhrallee in Dortmund. An einer Lichtzeichenanlage musste er wegen Rotlichts anhalten. Während dieser Zeit war - was nicht zu widerlegen ist - der Motor seines Fahrzeugs aufgrund einer ECO Start-Stopp-Funktion ausgeschaltet. Außerdem nutzte der Betroffene sein Mobiltelefon, indem er es an sein Ohr hielt und sprach. Vom Amtsgericht wurde der Betroffene wegen verbotenen Telefonierens mit einem Handy zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt. Die gegen diese Verurteilung eingelegte Rechtsbeschwerde des Betroffenen hatte Erfolg. Der 1. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm hat den Betroffenen freigesprochen. Das in der Straßenverkehrsordnung normierte Verbot, ein Mobiltelefon zu benutzen, gelte nicht, so der Senat, wenn das Fahrzeug stehe und der Motor ausgeschaltet sei. Dabei differenziere der Gesetzeswortlaut nicht zwischen einem automatisch und einem manuell abgeschalteten Motor. Ebenso wenig stelle die Vorschrift darauf ab, dass ein Motor nur dann abgeschaltet sei, wenn zu dessen Wiedereinschalten die Zündvorrichtung bedient werden müsse. Deswegen sei ein Telefonieren auch bei einem automatisch abgeschalteten Motor zulässig, der durch das Betätigen des Gaspedals wieder in Gang gesetzt werden könne, wenn das Fahrzeug stehe. Durch die infrage stehende Verbotsvorschrift sollegewährleistet werden, dass demFahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stünden. Stehe das Fahrzeug und sei der Motor nicht im Betrieb, fielen Fahraufgaben, wofür der Fahrzeugführer beide Hände benötigte, nicht an. Dabei mache es keinen Unterschied, ob der Motor zuvor durch den Fahrer mittels Betätigen der Zündung manuell oder durch Abbremsen bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden sei.
Rechtskräftiger Beschluss des 1. Senats für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.09.2014 (1 RBs 1/14)