Unterrichtung des Betriebsrats bei Umgruppierung - LAG Hamburg 4 Ta 13/13
Der Gegenstandswert für die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Betriebsrat über die Umgruppierung eines Arbeitnehmers lediglich zu unterrichten (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG), entspricht regelmäßig dem Hilfswert von € 4.000,00 gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG.
Volltext der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamburg - Beschluss vom 18.09.2013 - 4 Ta 13/13:
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18. Juni 2013 – 16 BV 9/13 – abgeändert:
Der Gegenstandswert für das Beschlussverfahren 16 BV 9/13 wird auf € 4.000,00 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben die Beschwerdegebühr in Höhe von € 50,00 zu tragen.
Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt.
Gründe
I.
1
Gegenstand des zu Grunde liegenden Beschlussverfahrens war der Antrag des Betriebsrats, den Arbeitgeber zu verpflichten, den Betriebsrat hinsichtlich der Umgruppierung des Mitarbeiters Herrn H. zu unterrichten. Das Bruttomonatsentgelt des vorgenannten Mitarbeiters belief sich auf € 4.685,69; die Differenz zwischen den Vergütungsgruppen 10 und AT-min beträgt entsprechend der Mitteilung des Arbeitgebers im Schriftsatz vom 29. Mai 2013 € 1.468,95 (Bl. 11 d.A.).
2
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 18. Juni 2013 auf € 2.000,00 festgesetzt; der Beschluss wurde den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 20. Juni 2013 zugestellt. Gegen diesen Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats mit Schriftsatz vom 24. Juni 2013, der am 25. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und beantragt den Gegenstandswert auf € 38.903,97 festzusetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass bei der Bestimmung des Gegenstandswerts für ein Eingruppierungsverfahren gemäß § 99 BetrVG zunächst von dem 36-fachen Wert des Unterschiedsbetrags zwischen der Vergütung nach der von dem Arbeitgeber beanspruchten Eingruppierung und der Vergütung der von dem Betriebsrat für zutreffend gehaltenen Eingruppierung auszugehen und alsdann ein Abschlag von 20 % vorzunehmen sei. Aufgrund des hier vorliegenden Antrags, der lediglich auf Unterrichtung über eine Umgruppierung zum Gegenstand habe, könne noch ein weiterer Abschlag von 20 % vorgenommen werden.
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Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 12. Juli 2013 der Beschwerde nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, dass es im vorliegenden Verfahren nur um die Wahrung der Beteiligungsrechte des antragstellenden Betriebsrats, nämlich dessen Unterrichtung anlässlich einer Umgruppierung im Zusammenhang mit einer Versetzung eines Mitarbeiters gehe, so dass die herangezogene Rechtsprechung des LArbG Hamburg nicht einschlägig sei. Bei dem Ausgangsverfahren handele es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit; der Wert sei nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Verfahren sei rechtlich nicht schwierig gewesen und es habe nur ein Gütetermin stattgefunden. Anschließend habe der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt. Der anwaltliche Bearbeitungsaufwand bis zur Erledigung habe nach Aktenlage in der Erstellung der Antragsschrift bestanden, so dass bei dieser Sachlage ein Gegenstandswert in Höhe eines halben Hilfswerts angemessen sei.
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Durch Verfügung vom 18. Juli 2013 hat das Landesarbeitsgericht den Beteiligten und den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen zum Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg Stellung zu nehmen.
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Mit Schriftsatz und 26. Juli 2013 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vorgetragen, dass der Gegenstandswert für den Antrag vom 10. April 2013 auf € 6.745,40 festzusetzen sei. Vorliegend habe der Betriebsrat zwar nicht unmittelbar die Aufhebung einer personellen Maßnahme und auch nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei Eingruppierung die Nachholung des Zustimmungsersetzungsverfahrens hinsichtlich der Umgruppierung verlangt, sondern nur eine Verpflichtung des Arbeitgebers, ihn über die Umgruppierung zu unterrichten. Für die Höhe des Gegenstandswertes mache dies aber kein Unterschied, so dass nach allem der Gegenstandswert für den Antrag vom 10. April 2013 in Höhe einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von € 6.745,40 festzusetzen sei.
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Die Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers haben mit Schriftsatz vom 19. August 2013 ausgeführt, dass nur eine Information über die Umgruppierung vom Betriebsrat verlangt worden und die Umgruppierung selbst nicht Gegenstand des Beschlussverfahrens gewesen sei. Die Information über die Umgruppierung sei nicht als vermögensrechtliche Streitigkeit anzusehen und habe auch keine - nicht einmal mittelbare - Entgeltrelevanz. Die rechtliche Schwierigkeit sei auch als gering anzusehen, insbesondere weil der Betriebsrat eine Vielzahl gleichlautender Anträge eingereicht habe, weshalb der Gegenstandswert mit der Hälfte des Regelwerts zutreffend vom Arbeitsgericht festgesetzt worden sei.
II.
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1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist statthaft gemäß §§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gem. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG fristgemäß eingelegt. Die Beschwer übersteigt € 200,00.
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2. In der Sache selbst hatte die Beschwerde jedoch weit überwiegend keinen Erfolg.
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a) Der Antrag des Betriebsrats, den Arbeitgeber zu verpflichten, ihn hinsichtlich der Umgruppierung des Mitarbeiters Herrn H. zu unterrichten, stellt eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit dar, denn bei diesem Streit ging um die Ausübung bzw. Geltendmachung eines Mitbestimmungsrechts durch den Betriebsrat (vgl. nur LArbG Hamburg Beschluss vom 11. Januar 2010 - 4 Ta 18/09 – Juris und LArbG Hamburg Beschluss vom 2. Dezember 2004 – 4 Ta 26/04 – NZA-RR 2005, 209).
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Danach ist der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. RVG auf € 4.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über € 500.000,00 anzunehmen. Soweit möglich hat eine Bewertung nach individuellen Gesichtspunkten zu erfolgen. Eine Orientierung am Wert von € 4.000,00 kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind (vgl. LArbG Hamburg Beschluss vom 11. Januar 2010 - 4 Ta 18/09 – Juris ; LArbG Hamburg Beschluss vom 17. Juni 2008 - 4 Ta 6/08 – n.v.; LArbG Hamburg Beschluss vom 18. April 2007 - 4 Ta 4/07 – n.v.; LArbG Hamburg Beschluss vom 13. Juni 2002 – 6 Ta 13/02 – Juris; LArbG Hamburg Beschluss vom 17. Dezember 1996 – 3 Ta 27/96 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 37; LArbG Hamburg Beschluss vom 04. August 1992 – 2 Ta 6/92 – NZA 1993, 43).
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Im Rahmen der Bewertung ist wesentlich auf die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten und ihr ideelles und materielles Interesse am Verfahren abzustellen. Neben Schwierigkeit und Umfang sind die wirtschaftlichen Auswirkungen des Verfahrens auf Arbeitgeberseite zu berücksichtigen, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten des Falles angemessen einzubeziehen sind (vgl. LArbG Bremen Beschluss vom 18. August 2000 - 1 Ta 45/00 - LAGE § 8 BRAGO Nr. 46; LArbG Hamburg Beschluss vom 18. April 2007 - 4 Ta 4/07 – n.v.; LArbG Hamm Beschluss vom 28. Januar 2008 - 13 Ta 748/07 - Juris). Unter Umständen soll auch der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall nicht außer Acht zu lassen sein (vgl. LArbG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 4. April 2007 - 1 Ta 46/07 – Juris; Bertelsmann, Gegenstandswerte im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, 2000, S. 24).
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b) Entgegen der von den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats im Schriftsatz vom 24. Juni 2013 geäußerten Rechtsmeinung waren die rechtlichen Maßstäbe, die das Landesarbeitsgericht Hamburg zur Gegenstandswertfestsetzung für eine Eingruppierung nach § 99 BetrVG entwickelt hat (LArbG Hamburg Beschluss vom 22. September 2010 – 2 Ta 14/10 – Juris), vorliegend nicht heranzuziehen, denn der Betriebsrat hat mit seinem Antrag vom 10. April 2013 lediglich begehrt, den Arbeitgeber zu verpflichten, ihn hinsichtlich der Umgruppierung des Mitarbeiters Herrn H. zu unterrichten. Mithin war die Umgruppierung zwischen den Beteiligten noch nicht im Streit, sondern der Betriebsrat hat vom Arbeitgeber lediglich die Einhaltung des gesetzlichen Beteiligungsverfahrens nach § 99 BetrVG begehrt. Darauf haben sowohl das Arbeitsgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 12. Juli 2013 als auch die Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers im Schriftsatz vom 19. August 2013 mit Recht hingewiesen.
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c) Mit dem Antrag vom 10. April 2013 ging es den Betriebsrat erkennbar auch nicht darum, den Arbeitgeber zu verpflichten, das Zustimmungsersetzungsverfahren hinsichtlich der Umgruppierung des Mitarbeiters Herrn H. einzuleiten. Für ein derartiges Beschlussverfahren setzt das LArbG Hamm in ständiger Rechtsprechung den Gegenstandswert mit 20 % des Wertes des Gegenstandes eines entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahrens fest (vgl. nur LArbG Hamm Beschluss vom 02. Februar 2005 - 10 TaBV 154/04 – Rz. 20, m.w.N., Juris).
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d) Da Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung des vom Betriebsrat geltend gemachten Unterrichtungsanspruchs hinsichtlich der Umgruppierung des Mitarbeiters Herrn H. nicht gegeben sind, kam für die Bestimmung des Gegenstandswerts lediglich eine Orientierung am Hilfswert gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbs. RVG in Betracht. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war jedoch eine Reduzierung auf die Hälfte des Hilfswerts nicht angezeigt. Für den Betriebsrat ging es im vorliegenden Verfahren um die Einhaltung des Beteiligungsverfahrens nach § 99 BetrVG, das der Arbeitgeber nicht durchgeführt hatte. Zutreffend hat das Arbeitsgericht zwar darauf hingewiesen, dass das Verfahren keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten aufgewiesen hat. Der Hinweis, dass lediglich ein Gütetermin stattgefunden hat, spielt jedoch für die Gegenstandswertfestsetzung keinerlei und der objektive Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts im Einzelfall nur eine untergeordnete Rolle. Nimmt man hingegen auf das ideelle Interesse des Betriebsrats hinsichtlich der Einhaltung des Beteiligungsverfahrens und auf die wirtschaftlichen Auswirkungen hinsichtlich der Umgruppierung Bedacht, so ist es nicht angemessen, eine Reduzierung des Hilfswertes auf die Hälfte vorzunehmen. Im Übrigen hat der Arbeitgeber selbst noch im Schriftsatz vom 09. Juli 2013 es als angemessen angesehen, „auf den Regelwert von € 4.000,00 abzustellen“.
III.
15
Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten war nicht veranlasst (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG; vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 33 RVG Rz. 26). Allerdings war den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats die Gebühr nach Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG aufzuerlegen, denn die Regelung des § 33 Abs. 9 Satz 1 RVG gilt nicht für das Beschwerdeverfahren und die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats war überwiegend erfolglos.