Vertragsstrafe im Formulararbeitsvertrag - LAG Mainz 5 Sa 531/14
Der hier streitgegenständliche Arbeitsvertrag enthält nach Ansicht des Gerichts vorformulierte Vertragsbedingungen, auf deren Inhalt der Beklagte keinen Einfluss nehmen konnte. Gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB finden neben den § 305c Abs. 2 und § 306 auch die §§ 307 bis 309 BGB auf solche vorformulierten Vertragsbedingungen selbst dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das LAG Mainz folgte, sind Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig. Demgemäß war der beklagte Arbeitnehmer verpflichtet, an die Klägerin eine Vertragsstrafe von 1.800,00 € zu zahlen.
Volltext des Urteils des Landesarbeitsgerichts Mainz vom 15.01.2015 - 5 Sa 531/14:
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 23. Juli 2014, Az. 4 Ca 339/14, abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin € 1.800,00 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2014 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Vertragsstrafe.
Die Parteien schlossen am 13.01.2014 einen Arbeitsvertrag. Danach sollte der Beklagte ab 01.02.2014 bei der Klägerin als IT-Systemadministrator zu einem Bruttomonatsgehalt von € 3.600,00 beschäftigt werden. Der von der Klägerin vorformulierte Vertrag lautete - auszugsweise - wie folgt:
"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer wird beginnend ab dem 01.02.2014 eingestellt. Vor seinem Beginn ist die ordentliche Kündigung ausgeschlossen.
§ 2 Probezeit
I. Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit.
II. Während der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen kündbar.
§ 3 Tätigkeit
Der Arbeitnehmer wird als IT-Systemadministrator beschäftigt. … Aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen kann dem Arbeitnehmer mit einer Ankündigungsfrist, die der gesetzlichen Änderungskündigungsfrist entspricht, auch eine höher- oder geringwertigere Tätigkeit zugewiesen werden. Bei Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit wird das Entgelt nach einer Einarbeitungszeit von 3 Monaten angepasst. Die Zuweisung einer geringwertigeren Tätigkeit muß dem Arbeitnehmer zumutbar sein.
…
§ 9 Arbeitsverhinderung
I. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, der Arbeitgeberin jede Dienstverhinderung und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen …
II. Bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit von mehr als drei Kalendertagen hat der Arbeitnehmer … eine ärztliche Bescheinigung … vorzulegen. …
III. Der Arbeitnehmer hat die Art der Erkrankung anzugeben, wenn er wegen derselben Krankheit innerhalb der letzten 6 Monate arbeitsunfähig war oder wenn seit Beginn der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit noch keine 12 Monate vergangen sind; dasselbe gilt, wenn die Arbeitgeberin wegen der Erkrankung des Arbeitnehmers Schutzmaßnahmen zu Gunsten anderer Personen treffen muss.
…
§ 12 Vertragsstrafe
I. Im Falle der schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit verpflichtet sich der Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber eine Vertragsstrafe in Höhe eines hälftigen Bruttomonatsgehaltes zu zahlen. …"
Mit E-Mail vom 14.01.2014 teilte der Beklagte der Klägerin folgendes mit:
"Hallo und Guten Morgen Herr …
nachdem ich gestern abend zu Hause war, bin ich den Arbeitsvertrag noch mal durchgegangen und dabei sind mir einige Paragrafen aufgefallen, die mir Unbehagen und eine schlaflose Nacht bereitet haben. Außerdem fühle ich mich im nach hinnein etwas „überrumpelt“ und hätte den Vertrag erst mal nicht unterschreiben sollen. Nun gut.
Folgendes ist mir zum Vertrag aufgefallen:
…
Aus all diesen Fragen ergibt sich, dass ich den Arbeitsvertrag in der jetzigen Form nicht akzeptieren kann.
Ich darf Sie daher bitten, den Vertrag zu überarbeiten und mir … geändert … zur Prüfung zu übersenden. …"
Der Geschäftsführer der Klägerin lehnte eine Änderung des Arbeitsvertrags ab. Daraufhin kündigte der Beklagte mit Schreiben vom 14.01.2014, der Klägerin am 16.01.2014 zugegangen, den Arbeitsvertrag fristlos. Zur Begründung führte er aus, einige Klauseln des Arbeitsvertrags seien aus seiner Sicht rechtlich nicht zulässig, insb. § 9 Abs. 3 des Vertrags sei rechtswidrig. Die Klägerin verlangte mit Schreiben vom 20.01.2014 unter Fristsetzung bis zum 03.02.2014 die Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe iHv. € 1.800,00.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestands und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 23.07.2014 (dort Seite 2 bis 6) Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.800,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.02.2014 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, der Beklagte habe die vereinbarte Vertragsstrafe nicht verwirkt, weil keine "schuldhafte Nichtaufnahme" der Tätigkeit vorliege. Die außerordentliche Kündigung sei gem. § 626 BGB wirksam, denn dem Beklagten sei die Arbeitsaufnahme und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum frühestmöglichen ordentlichen Kündigungstermin unzumutbar gewesen. Die Klauseln in § 3 und § 9 des Arbeitsvertrags seien unwirksam. Die Klägerin habe sich in § 3 vorbehalten, dem Beklagten eine geringerwertige Tätigkeit zuzuweisen. Dies stelle einen schwerwiegenden Eingriff in den gesetzlich gewährleisteten Inhaltsschutz dar. Auch die in § 9 Abs. 3 geregelte Verpflichtung, bei einer Fortsetzungserkrankung die Art der Erkrankung anzugeben, benachteilige den Beklagten unangemessen. Da die Klägerin eine Änderung des Vertrags abgelehnt habe, sei eine Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung entbehrlich gewesen. Der Beklagte habe die Klägerin bereits einen Tag nach Unterzeichnung des Vertrags darüber informiert, dass die Invollzugsetzung des Arbeitsvertrags gefährdet sei. Die Störung der Beziehung vor Arbeitsbeginn habe ihre Ursache in der Sphäre der Klägerin, die sich geweigert habe, berechtigte Bedenken des Beklagten zu entkräften und seinen Forderungen auf Vertragsänderung nachzukommen. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 6 bis 9 des erstinstanzlichen Urteils vom 23.07.2014 Bezug genommen.
Gegen das am 22.08.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 18.09.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 21.10.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Klägerin macht zur Begründung der Berufung geltend, die Klauseln in § 3 und § 9 des Arbeitsvertrags seien nicht unwirksam. Selbst wenn man anderer Ansicht sei, wäre dem Beklagten zumutbar gewesen, die Arbeit anzutreten und mit der ordentlichen Kündigungsfrist in der Probezeit von zwei Wochen zu kündigen. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 20.10.2014 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 23. Juli 2014, Az. 4 Ca 339/14, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie € 1.800,00 nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2014 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 25.11.2014, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Ihm sei die Aufnahme des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gewesen. Der vorformulierte Arbeitsvertrag sei in wesentlichen Punkten unwirksam, ua. die Versetzungsklausel, die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt bei der Prämienregelung, die Verpflichtung, die Art der Erkrankung zu nennen, der Widerruf von Urlaub und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot. Auch die Vertragsstrafenklausel als solche sei unwirksam, weil sie offensichtlich der bloßen Schöpfung von neuen Geldquellen diene.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und inhaltlich ausreichend begründet worden. Sie ist somit zulässig.
II.Die Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin eine Vertragsstrafe iHv. € 1.800,00 zu zahlen. Er hat durch seine fristlose Kündigung vom 14.01.2014 und den Nichtantritt der Arbeit ab 01.02.2014 die in § 12 des Arbeitsvertrags wirksam vereinbarte Vertragsstrafe in Höhe eines halben Monatsgehalts verwirkt.
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Arbeitsvertragsbedingungen, die die Parteien schriftlich vereinbart haben, um Allgemeine Geschäftsbedingung iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt, wofür der Anschein spricht. Es ist unstreitig, dass der Arbeitsvertrag, der am 13.01.2014 von den Parteien abgeschlossen worden ist, von der Klägerin vorformulierte Vertragsbedingungen enthält, auf deren Inhalt der Beklagte keinen Einfluss nehmen konnte. Gem. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB finden neben den § 305c Abs. 2 und § 306 auch die §§ 307 bis 309 BGB auf solche vorformulierten Vertragsbedingungen selbst dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, sind Vertragsstrafenabreden in formularmäßigen Arbeitsverträgen grundsätzlich zulässig. Dabei ist zum Schutz des Arbeitnehmers ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BAG 23.01.2014 - 8 AZR 130/13 - Rn. 21 mwN, NZA 2014, 777; BAG 19.08.2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 38 ff mwN, AP BGB § 307 Nr. 49).
Die Vertragsstrafenabrede ist nicht unwirksam, weil sie der "bloßen Schöpfung von Geldquellen" dient, wie der Beklagte behauptet. Er verkennt, dass Vertragsstrafenabreden den Arbeitnehmer nicht schon generell unangemessen benachteiligen. Die Vertragsstrafe sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme oder Beendigung der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu vermeiden. Ebenso soll die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes (§ 626 BGB) verhindert werden. Das Interesse des Arbeitgebers an einer Vertragsstrafenregelung ist anerkennenswert. Der Arbeitnehmer wird auch nicht unangemessen benachteiligt, weil es an ihm liegt, seine Hauptpflichten zu erbringen. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Einhaltung der arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, während der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenswertes Interesse daran hat, den Arbeitsvertrag zu brechen (vgl. BAG 19.08.2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 42, aaO; BAG 18.12.2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 50 mwN, AP BGB § 309 Nr. 4).
Die Vertragsstrafenabrede in § 12 des Arbeitsvertrags ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch nicht deshalb unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten darstellt. Die Regelung ist hinreichend bestimmt und lässt den Arbeitnehmer erkennen, unter welchen Voraussetzungen die Vertragsstrafe verwirkt ist. Aus der Vertragsklausel ergibt sich, dass eine Vertragsstrafe in Höhe eines halben Bruttomonatsgehalts zu zahlen ist, wenn der Arbeitnehmer die Tätigkeit schuldhaft nicht aufnimmt. Dieser Inhalt der Klausel ist für den Arbeitnehmer erkennbar. Der Beklagte hat diesbezüglich auch keine Bedenken geltend gemacht. Die vorgesehene Vertragsstrafe ist auch nicht unangemessen hoch. Eine Vertragsstrafe in Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für den Fall des Nichtantritts der Arbeit ist grundsätzlich angemessen (vgl. BAG 19.08.2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 43, 44 aaO; BAG 18.12.2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 54 mwN, aaO). Im Streitfall übersteigt die Vertragsstrafe die Vergütung für die in der Probezeit geltende Kündigungsfrist von zwei Wochen nicht. Damit entspricht das in der Vertragsstrafenabrede zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Interesse der Klägerin der durch die Kündigungsfrist konkretisierten Bindung der Parteien aneinander.
3. Der Beklagte war verpflichtet, seine Arbeitsleistung bei der Klägerin am 01.02.2014 tatsächlich anzutreten. Seine fristlose Kündigung vom 14.01.2014 war rechtsunwirksam. Eine ordentliche Kündigung vor Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.02.2014 war nach § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrags ausgeschlossen. Ein solcher Kündigungsausschluss ist grundsätzlich zulässig (vgl. BAG 25.03.2004 - 2 AZR 324/03 - AP BGB § 620 Kündigung vor Dienstantritt Nr. 1) und darf damit grundsätzlich auch als Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart werden.
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts war der Beklagte nicht zu einer außerordentlichen Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nach § 626 BGB berechtigt. Ihm war vielmehr die Arbeitsaufnahme am 01.02.2014 und die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in der Probezeit von zwei Wochen nicht unzumutbar.
Es kann dahinstehen, ob die vom Beklagten angeführten Vertragsklauseln (ua. die Versetzungsklausel, die Prämienklausel mit einer Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt, die Verpflichtung, die Art der Erkrankung mitzuteilen, die Urlaubsklausel mit Widerrufsvorbehalt und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot) einer Prüfung am Maßstab des § 305 ff. BGB standhalten. Selbst wenn diese Vertragsklauseln, die fast ausschließlich den Arbeitnehmer belastende Regelungen enthalten, unwirksam sein sollten, fehlt es an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für die fristlose Kündigung vom 14.01.2014. Das Festhalten am Arbeitsvertrag hätte für den Beklagten keine unzumutbare Härte iSd. § 306 Abs. 3 BGB bedeutet.
Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise unwirksam, bleibt der Vertrag nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam. Nach § 306 Abs. 2 BGB richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften. Gesamtnichtigkeit tritt nach § 306 Abs. 3 BGB nur dann ein, wenn ein Festhalten am Vertrag auch unter Berücksichtigung der nach § 306 Abs. 2 BGB vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Für den Arbeitnehmer (Kunden oder sonstigen Verbraucher) bedeutet die Aufrechterhaltung des gemäß § 306 Abs. 2 BGB modifizierten Vertrags in der Regel nicht nur keine Härte, sondern praktisch immer eine Verbesserung seiner Rechtsposition, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entweder mangels Einbeziehung gar nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind und an ihre Stelle das ihm günstigere Ersatzrecht nach Maßgabe des § 306 Abs. 2 BGB getreten ist (vgl. etwa Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 306 Rn. 29; MüKoBGB/ Basedow 6. Aufl. BGB § 306 Rn. 31-33).
Vorliegend ist offensichtlich, dass der Beklagte die behauptete Unwirksamkeit der angeführten Vertragsklauseln zum Anlass nehmen wollte, sich aus der ihm lästig gewordenen vertraglichen Bindung - vertragsstrafenfrei - zu lösen. Dieses Motiv reicht weder aus, um in der Durchführung des ggf. modifizierten Arbeitsvertrags eine ihm nicht zumutbare Härte iSd. § 306 Abs. 3 BGB zu erblicken noch das Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB festzustellen.
Folge der Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingung ist die Anwendbarkeit der dispositiven Gesetzesbestimmungen, § 306 Abs. 2 BGB. Wenn die Versetzungsklausel in § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrags unwirksam sein sollte, weil sich die Klägerin vorbehalten hat, dem Beklagten ohne Ausspruch einer Änderungskündigung auch eine geringerwertige Tätigkeit zuzuweisen, wäre die Wirksamkeit einer Versetzung nach der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO zu prüfen. Sollte die Klausel in § 9 Abs. 3 des Arbeitsvertrags unwirksam sein, weil der Beklagte nicht verpflichtet werden kann, der Klägerin in bestimmten Fallkonstellationen auch die Art der Erkrankung anzugeben, gelten die gesetzlichen Anzeige- und Nachweispflichten in § 5 EFZG. Ist die formulierte Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt in einer Prämienklausel (§ 6 des Arbeitsvertrags) unwirksam, besteht ein Rechtsanspruch auf die unter Vorbehalt stehende Leistung. Sollte der vorbehaltene Widerruf von Urlaubstagen (§ 10 Abs. 3 des Arbeitsvertrags) unzulässig sein, bestünde ein gesetzlicher Anspruch nach BUrlG. Sollte das nachvertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot (§ 15 des Arbeitsvertrags) unwirksam sein, wäre es für den Beklagten unverbindlich. Er hätte die Wahl, ob er sich auf die Unverbindlichkeit berufen oder aber Wettbewerb unterlassen und dafür Karenzentschädigung beanspruchen will. Es ist deshalb kein Grund ersichtlich, weshalb dem Beklagten ein Festhalten am Arbeitsvertrag unzumutbar gewesen sein sollte. Selbst wenn mehrere Vertragsklauseln unwirksam gewesen sein sollten, war ihm zumutbar, das Arbeitsverhältnis am 01.02.2014 anzutreten und mit einer ordentlichen Frist von zwei Wochen in der Probezeit zu kündigen.
4. Die geltend gemachten Zinsen rechtfertigen sich aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs (§ 286 Abs. 1 BGB), der die Fälligkeit der Forderung voraussetzt. Diese trat dadurch ein, dass der Beklagte seine Tätigkeit nicht am 01.02.2014 angetreten hat. Nachdem die Klägerin bereits mit Schreiben vom 20.01.2014 eine Zahlungsfrist bis zum 03.02.2014 gesetzt hatte, kann sie ab 04.02.2014 Zinsen in gesetzlicher Höhe (§ 288 BGB) beanspruchen.
III.Der Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen, weil er in vollem Umfang unterlegen ist.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen
Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen
könnte, besteht nicht.