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Erlaubnis einen Schalldämpfer zu führen - VG Freiburg 1 K 2227/13

04. Dec
2014

 - 0In Deutschland gilt ein vergleichsweise strenges Waffenrecht. Nicht nur Waffen sondern auch Zubehör erfordern die Erlaubnis der Behörde.

Der Leiter eines Forstbetriebes und spätere Kläger begehrt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis zum Erwerb, Besitz und Führen eines Schalldämpfers für eine Langwaffe. Wegen eines bei einem Jagdunfall erlittenen Knalltraumas leidet er unter einem langjährigen Tinnitus sowie einer Hochtonschallempfindungsstörung beidseits. Er macht geltend, dass eine weitere Schädigung durch Lärmeinflüsse unbedingt zu vermeiden ist, weshalb die Ausrüstung seines Jagdgewehrs mit einem geeigneten Schalldämpfer befürwortet werden müsse.

Die Behörde verweigerte ihm die Erlaubnis, es aufgrund Möglichkeiten eines speziellen elektronischen Gehörsschutzes ein weiterer Schallschutz an der Waffe regelmäßig nicht erforderlich sei und dass es hoher Antragsvoraussetzungen für einen Ausnahmefall bedürfe. Die vorgelegte ärztliche Stellungnahme sei nicht ausreichend; Mindestvoraussetzung sei die Einholung eines neutralen Zweitgutachtens, das gegebenenfalls auch durch den Amtsarzt erfolgen könne. Ein solches Gutachten müsse auch darlegen, warum dem Gehörsschutz nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden könne.

Sein hiergegen gerichteter Widerspruch wurde zurückgewisen. Das Verwaltungsgericht hat seiner Klage stattgegeben.

Nach Maßgabe des Gerichts bedürfen der Erwerb, Besitz und das Führen eines Schalldämpfers auch dann einer waffenrechtlichen Erlaubnis, wenn der Schalldämpfer von einem Jäger für eine ausschließlich jagdlich genutzte Waffe eingesetzt werden soll.

Bei der im Rahmen der Prüfung des waffenrechtlichen Bedürfnisses vorzunehmenden Abwägung ist das im allgemeinen überragende öffentliche Interesse daran, die Zahl der Waffen insgesamt gering zu halten, im Hinblick auf ein gegenüber Schusswaffen reduziertes Gefährdungspotential bei Schalldämpfern für Langwaffen von weniger hohem Gewicht. Im Fall des Klägers überwiegt nach Ansicht des Gerichts sein Interesse an der Gesundheit das waffenrechtliche Bedürfnis eine geringe Anzahl waffentechnischer Gerätenschaften in Umlauf zu bringen. Der Kläger könne auch nicht auf die Verwendung elektronischen Gehörsschutzes verwiesen werden. Dieser verstärkt nach den Feststellungen des Gerichts die Umgebungsgeräusche und verschließt sich im Augenblick des Schussknalls. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er diesen in bestimmten Jagd-Situationen nicht einsetzen kann um erfolgreich jagen zu können.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ermöglicht dem klagenden Jäger nunmehr den gewünschten Schalldämpfer führen zu können.

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Volltext des Urteils des Verwaltungsgerichts Freiburg VG Freiburg, Urteil vom 12. November 2014 - 1 K 2227/13:


Leitsätze

Erwerb, Besitz und Führen eines Schalldämpfers bedürfen auch dann einer waffenrechtlichen Erlaubnis, wenn der Schalldämpfer von einem Jäger für eine ausschließlich jagdlich genutzte Waffe eingesetzt werden soll.

Bei der im Rahmen der Prüfung des waffenrechtlichen Bedürfnisses vorzunehmenden Abwägung ist das im allgemeinen überragende öffentliche Interesse daran, die Zahl der Waffen insgesamt gering zu halten, im Hinblick auf ein gegenüber Schusswaffen reduziertes Gefährdungspotential bei Schalldämpfern für Langwaffen von weniger hohem Gewicht.

Einzelfall, in dem das waffenrechtliche Bedürfnis bei einer unter Tinnitus leidenden und beruflich zur Jagd verpflichteten Person, die auch Nachsuchen tätigen muss, gegeben ist.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 19.08.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19.09.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die waffenrechtliche Erlaubnis zum Erwerb, zum Besitz und zum Führen eines Schalldämpfers für eine Büchse im Kaliber . 308 Winchester, die ausschließlich jagdlich eingesetzt wird, zu erteilen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.


Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis zum Erwerb, Besitz und Führen eines Schalldämpfers für eine Langwaffe.

Der Kläger ist Leiter des Forstbetriebes .... Im Rahmen dieser Tätigkeit ist er auch für das Jagdwesen zuständig und beruflich zur Ausübung der Jagd verpflichtet. So richtet er als Teil seiner Tätigkeit jährlich bis zu 30 Gesellschaftsjagden aus; zusätzlich übt er die Jagd auch alleine aus.

Am 12.03.2013 beantragte er bei der Beklagten eine waffenrechtliche Genehmigung für die Nutzung eines Schalldämpfers zu seiner Langwaffe Kaliber .308 Win. Zur Begründung führte er aus, der Schusswaffengebrauch gehöre zu seinen Dienstobliegenheiten, und legte eine Stellungnahme eines Facharztes für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde vom Y vor, wonach er wegen eines erlittenen Knalltraumas (hier Jagdunfall) unter einem langjährigen Tinnitus sowie einer Hochtonschallempfindungsstörung beidseits leide; eine weitere Schädigung durch Lärmeinflüsse sei unbedingt zu vermeiden, weshalb die Ausrüstung seines Jagdgewehrs mit einem geeigneten Schalldämpfer befürwortet werde.

Mit Schreiben vom 24.06.2013 wies die Beklagte ihn darauf hin, dass im Hinblick auf die Möglichkeiten eines speziellen elektronischen Gehörsschutzes ein weiterer Schallschutz an der Waffe regelmäßig nicht erforderlich sei und dass es hoher Antragsvoraussetzungen für einen Ausnahmefall bedürfe. Die vorgelegte ärztliche Stellungnahme sei nicht ausreichend; Mindestvoraussetzung sei die Einholung eines neutralen Zweitgutachtens, das gegebenenfalls auch durch den Amtsarzt erfolgen könne. Ein solches Gutachten müsse auch darlegen, warum dem Gehörsschutz nicht auf andere Weise Rechnung getragen werden könne.

Daraufhin legte der Kläger am 24.07.2013 eine Stellungnahme des für den Forstbetrieb ... zuständigen Betriebsarztes vor, in der ausgeführt wurde, der Kläger trage Verantwortung für zwölf aktiv jagende Mitarbeiter, eine Vielzahl von Jagdgästen und leite bis zu 30 Gesellschaftsjagden im Jahr. Aufgrund waldbaulicher Erfordernisse sowie aus Gründen der Personalführung müsse er bis zu 50 Stück Schalenwild im Jahr erlegen. In Anbetracht seines jagdlichen Pflichtenkanons sei ihm das permanente Tragen eines Gehörsschutzes weder zumutbar noch praktikabel. Er jage zwar seit vielen Jahren mit elektronischem Gehörsschutz. Es sei jedoch nicht ganz ausgeschlossen, dass Schüsse abgegeben werden müssten, ohne dass ein Gehörsschutz getragen werden könne. Solche Situationen träten insbesondere regelmäßig bei Nachsuchen auf. In diesen Fällen sei das Anlegen des Gehörsschutzes in den wenigen Sekunden, die zur Abgabe eines Fangschusses auf das verletzte Wild blieben, unmöglich. Der Kläger leide nachgewiesenermaßen unter einer Vorschädigung (Tinnitus), die bei der Jagdausübung entstanden sei. Eine weitere Schädigung des Innenohres müsse unter allen Umständen vermieden werden. Die Verwendung eines Schalldämpfers sei aus ärztlicher Sicht die hierzu am ehesten geeignete und insofern alternativlose Methode.

Mit Bescheid vom 19.08.2013 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 2 Abs. 2 i.V.m. Anl. 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1, erster Halbsatz WaffG bedürfe der Umgang mit Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 (Anl. 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1-4) der Erlaubnis. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG seien Waffen Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände. Nach Anl. 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Ziff. 1.3 zum Waffengesetz stehe ein Schalldämpfer den Schusswaffen gleich, für die er bestimmt sei. Die Genehmigung eines Schalldämpfers setze gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 und § 8 WaffG ein Bedürfnis voraus. Dabei sei zu beachten, dass die Genehmigung eines Schalldämpfers grundsätzlich restriktiv zu handhaben sei. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen könne eine Erlaubnis zum Erwerb und Besitz des Schalldämpfers geboten sein. In vielen anderen Bundesländern sei die Verwendung von Schalldämpfern im Zusammenhang mit der Jagdausübung ausdrücklich verboten. Auch wenn dies in Baden-Württemberg nicht so geregelt sei, bestehe ein Interesse an einer möglichst einheitlichen Durchführung des bundesweiten Waffenrechts. Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung lasse nicht darauf schließen, dass eine Ausübung der Jagd unter Verwendung von Schusswaffen mit Schalldämpfer vorgesehen sei, sondern zwinge zu einer besonders intensiven Prüfung, ob nach den allgemeinen waffenrechtlichen Grundsätzen ein Bedürfnis gegeben sei. Ein solches waffenrechtliches Bedürfnis sei nicht gegeben, weil sich gegen den Geschossknall jeder Schütze mit der Verwendung eines elektronischen Gehörsschutzes schützen könne. Im Handel werde eine Vielzahl von elektronischem Gehörsschutz angeboten, teilweise speziell für Jäger. Ein aktiver elektronischer Gehörsschutz verstärke schwache Geräusche, schütze das Ohr aber vor dem Geschossknall. Dass auch bei Verwendung eines Gehörsschutzes die Waffe rasch angelegt werden könne, zeige sich daran, dass bei dem jagdlichen Schießdisziplinen "Wurftaubenschießen" und "Schießen auf den sogenannten Kipphasen" ein Gehörsschutz getragen werden müsse.

Hiergegen erhob der Kläger – durch Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 13.09.2013, eingegangen am 16.09.2013 – Widerspruch. Der Gesetzgeber habe Schalldämpfer nicht als verbotene Gegenstände, sondern lediglich als genehmigungspflichtig eingeordnet. Der Schuss einer Jagdwaffe sei auch bei Verwendung eines Schalldämpfers nicht lautlos, sondern entspreche in seiner Lautstärke dem Schuss aus einem Kleinkalibergewehr. Das beruhe darauf, dass der gehörte Schussknall aus zwei Komponenten bestehe, dem Mündungsknall der entweichenden Pulvergase und dem Geschossknall, der durch das stark beschleunigte Geschoss an der Mündung entstehe, wenn es die Schallmauer durchbreche. Ein Schalldämpfer dämpfe nur den Mündungsknall und hülle das Geschoss auf den ersten Zentimetern seines Weges auf spezielle Art in die entstehenden Gase ein, so dass der Überschallknall erst weiter weg vom Schützen hörbar werde. Ein Schuss mit einem Jagdgewehr ohne Schalldämpfer liege bei etwa 150-170 dB A und damit deutlich über der menschlichen Schmerzschwelle, die etwa bei 120-140 dB A liege. Moderne Schalldämpfer reduzierten den Schalldruck um bis zu 30 dB A, so dass sich der Knall bereits an der Quelle, insbesondere in Verbindung mit Gehörsschutz, auf ein gesundheitlich erträgliches Maß reduziere. Nach arbeitsrechtlichen Vorschriften sei der Lärm immer an seiner Quelle zu mindern. Dies ergebe sich aus der Richtlinie 2003/10/EG, die in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung umgesetzt worden sei. Danach müsse die Lärmemission am Entstehungsort verringert werden; die hemmende Wirkung eines persönlichen Gehörsschutzes sei nach § 6 der genannten Verordnung bei der Beurteilung des Auslösewertes nicht zu berücksichtigen. Das zeige, dass der Gesetzgeber den Gehörsschutz als nicht gleichwertig einschätze. Ein Gehörsschutz könne verrutschen, werde vergessen und lasse – unmerklich – in seiner Leistung nach.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2013 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch des Klägers zurück. Der beantragte Schalldämpfer unterfalle – wie in der angefochtenen Verfügung zu Recht ausgeführt – der Erlaubnispflicht. Erforderlich sei somit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG ein Bedürfnis. Das setze voraus, dass der Kläger gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besondere persönliche oder wirtschaftliche Interessen und die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Schalldämpfers für den beantragten Zweck glaubhaft machen könne. Die Erlaubnispflicht entfalle nicht im Hinblick auf die Privilegierung von Jägern gemäß § 13 WaffG. Es sei nicht ersichtlich, dass es hier zwingend erforderlich sei, einen Schalldämpfer bei der Jagd einzusetzen. Es werde nicht bestritten, dass der Kläger an einem Tinnitus leide. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, dass die Verwendung eines Schalldämpfers alternativlos sei. Es sei sachgerecht, dem Kläger auf den technisch möglichen effektiven elektronischen Gehörsschutz zu verweisen. Die damit einhergehende Beeinträchtigung an Komfort des Jagdverhaltens sei hinzunehmen. Der Wunsch nach einer optimalen Jagdausübung begründe kein waffenrechtliches Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG. Auch wenn das Tragen eines Gehörsschutzes bei der Jagd in gewissem Maße hinderlich sei, sei es dem Kläger zuzumuten, nicht erst vor der Schussabgabe den Gehörsschutz anzulegen, sondern den sensiblen Gehörsschutz bei der Jagd permanent zu tragen. Die vom Kläger zitierten Normen des Arbeitsschutzes führten nicht zu einer anderen Beurteilung. Den in § 7 Abs. 2 der Lärm– und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung genannten Maßnahmen sei gemeinsam, dass sie vom Arbeitgeber eigenständig durchgeführt werden könnten, ohne dass es auf die konkrete Person des Arbeitnehmers ankomme. Sie seien nicht höchstpersönlich, sondern frei verfügbar, generell erlaubt und kämen auch bei einem Wechsel der Belegschaft dem jeweiligen Arbeitnehmer zugute. Das treffe auf die Verwendung von Schalldämpfern nicht zu. Diese bedürften des Eintrags in eine Waffenbesitzkarte, die höchstpersönlicher Natur sei und die der Arbeitgeber nicht für seinen Arbeitnehmer beantragen könne. Ein Arbeitgeber könne seinen Beschäftigten keine Schalldämpfer für deren Waffen zur Verfügung stellen oder sie vorrätig halten. Deshalb stelle das Anbringen eines Schalldämpfers auf der Jagdwaffe keine technische Maßnahme zur Verringerung der Lärmimmissionen am Entstehungsort im Sinne von § 7 der Verordnung dar. Die an den Arbeitgeber gerichtete Verordnung könne vor dem Hintergrund des Waffenrechts keine Ausschließlichkeit beanspruchen. Die Schutzaspekte zu Gunsten der öffentlichen Sicherheit blieben als Wertungsgesichtspunkte bestehen und seien mit dem Gesundheitsschutz in Einklang zu bringen. Auch das Europarecht kenne den Gedanken des ordre public. Daher sei es selbst bei Heranziehung von § 7 der Verordnung nicht zwingend, das waffenrechtliche Bedürfnis zu bejahen.

Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht in den Akten.

Der Kläger hat am 29.10.2013 Klage erhoben, zu deren Begründung er die in der Widerspruchsbegründung vorgetragenen Gesichtspunkte wiederholt und vertieft und ergänzend vorträgt, die Deliktrelevanz von Schalldämpfern sei eine schlichte Behauptung. Schusswaffendelikte würden regelmäßig mit Kurzwaffen, meist illegalen, begangen. Es gebe weder in Deutschland noch sonst in Europa veröffentlichte Erhebungen zur Deliktrelevanz von Schalldämpfern; lediglich in den USA seien entsprechende Erhebungen erfolgt und eine Deliktrelevanz verneint worden. Um einen Schalldämpfer zu bekommen, genüge es, nach Frankreich zu fahren und dort einen zu kaufen. Dort seien Schalldämpfer für jedermann frei zu erwerben. In England, Schottland und ganz Skandinavien werde allen Jägern der Gebrauch eines Schalldämpfers bewilligt. Ein elektronischer Gehörsschutz sei weniger fehlerresistent als ein Schalldämpfer. Ein Gehörsschutz verminderte das bei Drückjagden aus Sicherheitsgründen für Treiber und Hunde wichtige Richtungshören und schließe für Brillenträger "Lärmbrücken" nicht verlässlich aus. Kurzwaffen seien wesentlich gefährlicher in der Handhabung als Langwaffen, weshalb es unzulässig sei, Schalldämpfer für Kurzwaffen mit solchen für Langwaffen gleichzusetzen. Ein Schalldämpfer für eine jagdliche Büchse passe nicht auf eine Pistole. Der Verweis darauf, dass die in § 7 Lärmschutz-Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vorgesehenen Maßnahmen nicht mit der Verwendung eines Schalldämpfers vergleichbar seien, da es sich bei letzterem um ein höchstpersönliches Recht des Waffennutzers handle, trage nicht. Es werde verkannt, dass in sehr vielen Arbeitsbereichen, in denen die Verordnung zur Anwendung komme, Arbeitnehmer nur eingesetzt werden dürften, wenn sie spezielle Schulungen gehabt hätten. Es könne auch nicht geltend gemacht werden, dass ein Schalldämpfer bei der Durchführung von Jagdgesellschaften keinen hinreichenden Schutz biete. Bei Gesellschaftsjagden sei der nächste Schütze immer so weit vom anderen entfernt, dass dieser keinem Mündungsknall ausgesetzt sein könne. Auch der Tierschutz spreche für die Verwendung eines Schalldämpfers, weil so zum einen ein präziserer Schuss möglich sei und zum anderen die mitgeführten Jagdhunde gegenüber Schädigungen geschützt werden könnten. Zur weiteren Begründung wird auf eine Presseinformation des hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 30.10.2013 verwiesen. In diesem wird die Funktionsweise eines Schalldämpfers erklärt und ausgeführt, dass Schalldämpfer auch den Rückstoß der Waffe minderten und dadurch zu einer höheren Treffsicherheit führten. Auch sonst erhöhe sich die Präzision des Schusses, da das Laufschwingungsverhalten positiv beeinflusst werde und die Treiberladungsgase einen geringeren Störeffekt hätten. Zudem werde das Mündungsfeuer reduziert, so dass der Schütze in der Dämmerung die Reaktion des Wildes auf den Schuss besser beobachten könne. Ferner werde die Umgebung weniger beunruhigt, was für Mensch und Tier auch in weiterer Entfernung gelte.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 19.0.2013 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 19.09.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die waffenrechtliche Erlaubnis zum Erwerb, zum Besitz und zum Führen eines Schalldämpfers für eine Büchse im Kaliber . 308 Winchester, die ausschließlich jagdlich eingesetzt wird, zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, dass weder die Polizei noch Sportschützen beim Training Schalldämpfer benutzten. Die Vorgenannten benutzten einen elektronischen Gehörsschutz, der lediglich den Mündungsknall dämpfe und Umgebungsgeräusche ungefiltert zum Ohr lasse. Wenn der Kläger mit Jagdgesellschaften jage, habe er keinen Gehörsschutz und sei dann dem Mündungsknall der anderen Jagdteilnehmer ausgesetzt. Es sei daher zumutbar, einen elektronischen Gehörsschutz zu tragen, der einen wesentlich besseren Schutz darstelle, als die Verwendung eines Schalldämpfers auf seinem Jagdgewehr.

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2014 den Kläger informatorisch sowie zwei amtliche Auskunftspersonen (von der Abteilung Forstdirektion des Regierungspräsidiums Freiburg und vom Landeskriminalamt) gehört. Hinsichtlich deren Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Die Kammer hat ferner eine Auskunft des Landeskriminalamts Baden-Württemberg zur Deliktrelevanz von Schalldämpfern eingeholt; hinsichtlich des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird auf die den Beteiligten bekannte Auskunft vom 09.10.2014 verwiesen.

Die Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Freiburg liegen vor und waren Gegenstand der Verhandlung. Auf sie sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten wird ergänzend verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die als Verpflichtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19.08.2013 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, denn er hat Anspruch auf die Erteilung der beantragten waffenrechtlichen Erlaubnisse (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger begehrt eine Erlaubnis zum Erwerb, Besitz und zum Führen eines Schalldämpfers; er begehrt daher die Erteilung einer Waffenbesitzkarte (§ 10 Abs. 1 WaffG) und eines Waffenscheins (§ 10 Abs. 4 WaffG). Erwerb, Besitz und Benutzung (= Führen) eines Schalldämpfers sind gemäß § 2 Abs. 2 WaffG grundsätzlich nach diesen Bestimmungen waffenrechtlich erlaubnispflichtig. Denn § 2 Abs. 2 WaffG verweist auf Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1, in welchem wiederum auf Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nrn. 1 bis 4 verwiesen wird. Dort (Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3) werden Schalldämpfer den Schusswaffen gleichgestellt, für die sie bestimmt sind (vgl. zum Erfordernis eines Waffenscheins für einen Schalldämpfer: Gade / Stoppa, Waffengesetz, 2011, § 10 Rnr. 60).

Der Schalldämpfer ist hier auch nicht gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 WaffG vom Erfordernis einer Waffenbesitzkarte freigestellt; nach dieser Bestimmung bedürfen Inhaber eines Jahresjagdscheins keiner Erlaubnis zum Erwerb einer Langwaffe. Der Kläger ist zwar im Besitz eines Jahresjagdscheins gemäß § 15 Abs. 2 1. Alt. BJagdG. Zum einen privilegiert § 13 Abs. 3 Satz 1 WaffG nur den Erwerb, nicht aber den weiteren Besitz einer Jagdwaffe (Gade/Stoppa, a.a.O. § 13 Rnr. 25; König/Papsthart, Waffengesetz, 12. Aufl. 2012, § 13 Rnr. 9; HessVGH, Urt. v. 09.12.2003 - 11 UE 2912/00 - Juris; VG Minden, Urt. v. 26.04.2013 - 8 K 2491/12 - Juris). Zum zweiten werden Schalldämpfer von dieser Privilegierung nicht erfasst. Auch die Erlaubnisfreiheit für das Führen von Jagdwaffen zur Jagdausübung, Einschießen etc. im Revier und zum Führen nicht schussbereiter Waffen im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten gemäß § 13 Abs. 6 WaffG greift nicht (so auch VG Minden, Urt. v. 26.04.2013 - 8 K 2491/12 - Juris).Schalldämpfer sind weder „Langwaffen“ i.S.d. § 13 Abs. 3 Satz 1 WaffG noch „Jagdwaffen“ i.S.d. § 13 Abs. 6 WaffG. Beides kann nur eine Schusswaffe sein, die nach dem Bundesjagdgesetz nicht verboten ist. Schalldämpfer sind zwar nach dem Bundesjagdgesetz nicht verboten, sind aber keine Schusswaffen. Nach dem Wortsinn erfasst man unter Schusswaffen nur die zur Abgabe des Schusses bestimmten Geräte selbst und nicht anschraubbare Teile. Mit dem Begriff Schusswaffe wird nicht ohne Weiteres ein Schalldämpfer in Verbindung gebracht. Die Gesetzessystematik des Waffengesetzes unterscheidet zwischen Schusswaffen einerseits und Schalldämpfern andererseits. In Nr. 1.3 der Anlage 1 Abschnitt 1, Unterabschnitt 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG heißt es „wesentliche Teile von Schusswaffen und Schalldämpfer". Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber Schalldämpfer nicht für wesentliche Teile von Schusswaffen gehalten hat. Dabei ist nicht zu verkennen, dass Schalldämpfer nach Nr. 1.3 den Schusswaffen gleichstehen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Schalldämpfer gehören hierdurch jedoch nicht zu den Schusswaffen. Sonst hätte der Gesetzgeber in § 34 Abs. 5 WaffG nicht neben Waffen nach Anlage 1 Unterabschnitt 1 Nr. 2, Schalldämpfer besonders aufführen müssen. Denn durch den Verweis auf Nr. 2 sind wegen Nr. 2.1 alle Schusswaffen nach Nr. 1.1 erfasst. Wäre ein Schalldämpfer ein solcher integraler Bestandteil der Schusswaffe, dass er Nr. 1.1 unterfiele, hätte der Gesetzgeber in § 34 Abs. 5 WaffG nicht von Schusswaffen und Schalldämpfern reden müssen (VG Schleswig, Urt. v. 17.06.2008 - 7 A 137/06 - Juris).

Voraussetzung für die Erteilung ist sowohl für die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG als auch für den Waffenschein nach § 10 Abs. 4 WaffG, dass der Antragsteller das 18. Lebensjahr vollendet hat, die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) und persönliche Eignung (§ 6 WaffG) besitzt, ferner die erforderliche Sachkunde hat (§ 7 WaffG) sowie ein Bedürfnis und eine Haftpflichtversicherung nachgewiesen hat. Wenn diese Voraussetzungen vorliegen und der - hier nicht einschlägige - fakultative Versagungsgrund des § 4 Abs. 2 WaffG (gewöhnlicher Aufenthalt seit mindestens fünf Jahren im Ausland) nicht greift, besteht ein Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis (BVerwG, Urt. v. 30.09.2009 - 6 C 29.08 - NVwZ-RR 2010, 225; Gade/Stoppa, a.a.O. § 10 Rnr. 13).

Hier ist nur das in § 8 WaffG näher bestimmte waffenrechtliche Bedürfnis streitig. Bedenken hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger als Inhaber eines Jahresjagdscheins im Besitz weiterer waffenrechtlicher Erlaubnisse ist - nicht ersichtlich.

Die Prüfung des waffenrechtlichen Bedürfnisses ist hier nicht gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 WaffG entbehrlich. Nach dieser Bestimmung erfolgt bei Jägern mit einem Jahresjagdschein gem. § 15 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 BJagdG keine Prüfung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG für den Erwerb von Langwaffen und zwei Kurzwaffen, sofern die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vorliegen, d.h. die zu erwerbende Schusswaffe oder Munition nicht nach dem Bundesjagdgesetz verboten ist. In diesen Fällen findet keine Bedürfnisprüfung statt (Gade/Stoppa, a.a.O. § 13 Rnr. 22; Steinhard/Heinrich/Papsthart, a.a.O., § 13 Rnr. 6). Diese Bestimmung ist hier jedoch nicht einschlägig. Der Kläger ist zwar, da er von Berufs wegen jagen muss, im Besitz eines Jahresjagdscheins und es besteht kein sachliches Verbot gemäß § 19 Abs. 1 BJagdG, bei der Jagd Schalldämpfer zu benutzen. Allerdings greift die Privilegierung durch § 13 BJagdG nicht für Schalldämpfer, obgleich nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3 Schalldämpfer, soweit im Waffengesetz nichts anderes bestimmt ist, den Schusswaffen gleichgestellt sind, für die sie bestimmt sind. Da hier ausdrücklich von „Langwaffen und zwei Kurzwaffen“ die Rede ist, ist davon auszugehen, dass im Sinne der Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3 etwas anderes bestimmt ist (VG Minden, Urt v. 26.04.2013 - 8 K 2491/12 - Juris). Zudem spricht auch der Zweck der Bestimmung dafür, Schalldämpfer auszunehmen. Es geht darum, für die „Grundausstattung“ für Jäger von einem Bedürfnis auszugehen (Gade/Stopa, a.a.O. § 13 Rnr. 22; Steinhard/Heinrich/ Papsthart, a.a.O., § 13 Rnr. 6). Zu einer solchen Grundausstattung gehören Schalldämpfer jedoch nicht.

Zu prüfen ist somit, ob ein Bedürfnis i.S.d. §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 8 WaffG besteht. Gemäß § 8 Abs. 1 WaffG ist der Nachweis des Bedürfnisses erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende Interessen (1) und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffe für den beantragten Zweck (2) glaubhaft gemacht sind.

(1) Bei der Prüfung, ob ein besonders anzuerkennendes Interesse vorliegt, hat eine Abwägung zu erfolgen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, "so wenig Waffen wie möglich ins Volk" gelangen zu lassen (BVerwG, Beschl. v. 26.03.2008 - 6 B 11.08 - Buchholz 402.5 WaffenG Nr. 95; vgl. auch BT-Drucksache 14/7758, 57). Der Zweck des Gesetzes wird in § 1 Abs. 1 WaffG mit dem Merkmal zum Ausdruck gebracht, dass es den Umgang mit Waffen oder Munition "unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" regelt. Demgemäß muss zur Erbringung des Nachweises eines Bedürfnisses für eine waffenrechtliche Erlaubnis gemäß § 8 Abs. 1 WaffG ein gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennendes Interesse bestehen (BVerwG, Beschl. v. 26.03.2008 - 6 B 11.08 - Juris).

Als besonders anzuerkennendes Interesse wird in § 8 Nr.1 WaffG unter anderem das Interesse als Jäger genannt. § 8 Nr. 1 WaffG ist jedoch nicht abschließend. Hier kommt insbesondere das Interesse am Schutz der Gesundheit (Gehör) des Klägers in Betracht. Nach den Ausführungen des Waffensachverständigen des Landeskriminalamts in der mündlichen Verhandlung hat eine Jagdwaffe wie die, für die der Kläger einen Schalldämpfer nutzen möchte, (ungedämpft) einen Schallleistungspegel von ca. 160 dB(A). Im Vergleich dazu beträgt der von einem Verkehrsflugzeug in 7 m Abstand erzeugte Schalldruck 120 dB(A) und der Lärm eines Düsenjägers in 7 m Abstand 130 dB(A). Bei einem Schalldruck von 130 dB(A) liegt auch die Schmerzgrenze (Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., § 10 Rnr. 37). Lärmeinwirkungen von ca. 150 bis 160 dB (A) am Ohr des Jägers liegen daher jenseits der Schmerzgrenze (vgl. Presseinformation des hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 30.10.2013, GAS 73). Zudem kann auch ein nur kurzfristiges Einwirken eines sehr lauten Geräusches (akustisches Trauma) zu einer Schädigung des Gehörorgans besonders an den Haarzellen (Innenohrschwerhörigkeit) und/oder zu einem Tinnitus führen (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007: Stichworte: Lärmschwerhörigkeit / akustisches Trauma); dabei können irreparable Gehörschäden entstehen (Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen, BT-Drucksache 14/2300, Tz 389, S. 160). Hier ist noch zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits unter einem Tinnitus leidet, was auch von der Beklagten nicht bestritten wird. Daher sollte nach dem nachvollziehbaren und überzeugenden Attest seines behandelnden Arztes vom 08.03.2013, das von einem Betriebsarzt mit einer weiteren Stellungnahme bestätigt wurde, die am 24.07.2013 bei der Beklagten einging, eine weitere Schädigung durch Lärmeinflüsse vermieden werden. Dieses durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützte Interesse des Klägers an der Vermeidung einer weiteren Beeinträchtigung seiner körperlichen Unversehrtheit ist sehr gewichtig.

Demgegenüber sind die öffentlichen Interessen, die gegen die Erteilung von Erlaubnissen für den Erwerb/Besitz und das Führen eines Schalldämpfers sprechen, von geringerem Gewicht. Entgegenstehendes öffentliches Interesse ist zunächst das grundsätzlich immer bestehende Interesse, die Zahl der Waffen insgesamt gering zu halten. Hierbei sind aber Gewichtungen im Einzelfall möglich; dabei ist auf die konkrete Art der Waffe und deren Gefährlichkeit abzustellen (so: Gade / Stoppa, a.a.O. Rnr. 11). Während bei Schusswaffen - gleichgültig, ob Kurz- oder Langwaffe - ein hohes Gefährdungspotential naheliegt, ist das bei einem Schalldämpfer nicht in gleicher Weise gegeben. Nach der Auskunft des Landeskriminalamts Baden-Württemberg vom 09.10.2014 betrug bundesweit die Zahl der Fälle, bei denen Schalldämpfer in Zusammenhang mit Straftaten auftauchten, in einem Zeitraum von zehn Jahren lediglich ca. 800. Davon beschränkten sich 703 Fälle auf einen Verstoß gegen das Waffengesetz (d.h. illegaler Besitz etc.). In nur 53 Fällen in den vergangenen zehn Jahren wurden bundesweit Verstöße gegen das Strafgesetzbuch (Bedrohung, Raub, Tötungsdelikte etc.) unter Einsatz von Schalldämpfern begangen, davon wurden nur in 17 Fällen Langwaffen mit Schalldämpfern benutzt. Lediglich in acht Fällen traten in diesem Zeitraum Jäger in Zusammenhang mit Schalldämpfern in Erscheinung, jeweils nur mit einem Verstoß gegen das Waffengesetz. Zusammenfassend führt das Landeskriminalamt aus, zwar gehe von Schalldämpfern bei der Begehung von Straftaten grundsätzlich ein erhöhtes Sicherheitsrisiko aus. Statistisch gehe dabei bei der Begehung von Straftaten außerhalb des Waffengesetzes vom Einsatz von Schalldämpfern in Verbindung mit Kurzwaffen ein erhöhtes Gefahrenpotential aus. Im Verhältnis zu der jeweiligen Gesamtzahl der Fälle sei die Anzahl der mit Schalldämpfern begangenen Straftaten im 10-Jahreszeitraum jedoch sehr gering. Ergänzend verweist die Kammer darauf, dass ein für Langwaffen vorgesehener Schalldämpfer nach den Ausführungen des Waffenexperten des Landeskriminalamts nicht ohne weiteres für eine Kurzwaffe benutzt werden kann, sondern dass diese dafür speziell umgerüstet werden müsste.

Auch eine - ungewollte - Gefährdung von nicht an der Jagd beteiligten Personen wie Wanderern durch ein „lautloses Jagen“ droht bei der Benutzung eines Schalldämpfers für eine Jagdwaffe vom Kaliber .308 nicht, da ein Schuss einer großkalibrigen Langwaffe auch mit einem Schalldämpfer laut und deutlich vernommen werden kann. Diesen Vortrag des Klägers hat der in der mündlichen Verhandlung als Auskunftsperson gehörte Waffensachverständige des Landeskriminalamts Baden-Württemberg bestätigt. Nach dessen Ausführungen führt ein Schalldämpfer - je nach seiner Qualität - zu einer Reduzierung des Schalldrucks von bis zu ca. 30 dB(A). Das bedeutet, dass der Knall der Büchse (ungedämpft ca. 160 dB(A)) auch mit einem Schalldämpfer noch mehr als 100 dB (A) hat. 100 dB(A) ist der Lärmpegel, den eine Kreissäge erreicht bzw. den Lärmspitzen in einem Fußballstadion haben (Sparwasser/Engel/Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl., a.a.O.).

Dass jagdliche Interessen der Verwendung von Schalldämpfern entgegenstehen, ist nicht ersichtlich. Zwar haben sich die Jagdverbände traditionell gegen die Verwendung von Schalldämpfern ausgesprochen (vgl. Zitate in HessVGH Urt. v. 09.12.2003, a.a.O.). Geltend gemacht wurden die Gefahr des unerkannten Wilderns sowie die Gefährdung von anderen Besuchern des Waldes, die durch den Schussknall nicht gewarnt würden. Beides ist - wie oben dargelegt - nicht relevant. Abgesehen davon spricht es eher für eine Förderung jagdlicher Interessen, dass der Rückstoß der Waffe bei Verwendung eines Schalldämpfers vermindert wird, was die Treffgenauigkeit der Langwaffe wohl fördert.

(2) Die begehrte Verwendung eines Schalldämpfers ist des Weiteren geeignet und erforderlich, um den angestrebten Zweck zu erfüllen.

Geeignet ist der Schalldämpfer zur Erreichung des anzuerkennenden Interesses - hier der Wahrung der körperlichen Unversehrtheit des Klägers - bereits dann, wenn er ein „Schritt in die richtige Richtung“, d.h. in Richtung des Ziels des Gesundheitsschutzes durch Lärmschutz, ist (Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rnr. 167). Das ist hier der Fall, da der Schalldämpfer - wie oben ausgeführt - die Lärmbelastung des Schützen um bis zu 30 dB(A) mindert. Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Kläger auch an Gesellschaftsjagden teilnehmen muss, bei denen die übrigen Jäger keine Schalldämpfer benutzen, so dass er dem ungedämpften Schussknall seiner Jagdpartner ausgesetzt sei. Dieser Einwand wird dadurch entkräftet, dass bei solchen Gesellschaftsjagden die einzelnen Jäger in einer größeren Entfernung (über 100m) voneinander positioniert sind, so dass der Mündungsknall der Waffe eines anderen Jägers für den Kläger kein Problem darstellt.

Im Falle des Klägers, der ein auf beiden Ohren vorgeschädigtes Gehör hat und zudem beruflich zur Jagdausübung verpflichtet ist, was bei ihm insbesondere auch die Nachsuche beinhaltet, ist die Verwendung eines Schalldämpfers auch erforderlich; d.h. es gibt kein gleich geeignetes milderes Mittel, das nicht waffenrechtlich erlaubnispflichtig ist. Die Kammer folgt den im Widerspruchsbescheid zitierten Entscheidungen (VG Stuttgart, Urt. v. 14.01.2009 - 5 K 151/08 - Juris und VG Minden, Urt. v. 26.04.2013 - 8 K 2491/12 - Juris) für den vorliegenden Fall nicht.

Ein Ausweichen auf kleinere und damit nach den Ausführungen des Waffenexperten des Landeskriminalamts auch leisere Kaliber ist aus jagdrechtlichen Gründen (vgl. § 19 BJagdG) untersagt. Größere Kaliber sind leistungsfähiger, wie der Waffenexperte in der mündlichen Verhandlung ausführte, weshalb sie das Wild schneller töten und so ein unnötig langes Leiden vermeiden.

Der Kläger kann auch nicht auf die Verwendung elektronischen Gehörsschutzes verwiesen werden. Dieser verstärkt die Umgebungsgeräusche und verschließt sich im Augenblick des Schussknalls. Er ist somit zwar in vielen Situationen geeignet, den Jäger vor dem Schussknall zu schützen. Der Kläger hat jedoch nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, dass ein solcher Gehörsschutz nicht lediglich die Jagd weniger „komfortabel“ macht, sondern in bestimmten Situationen nicht eingesetzt werden kann. Das hat der in Jagdangelegenheiten sachverständige Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Freiburg - Forstdirektion - in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Es handelt sich insbesondere um sog. Nachsuchen, bei denen Wild, das nicht sogleich an der Stelle zusammenbricht, wo es getroffen wurde, aufgespürt und erlegt werden muss. Diese Tätigkeit, die auch deshalb unverzüglich erfolgen muss, damit das Wild nicht unnötig lange leidet, kann nicht mit einem Gehörsschutz durchgeführt werden. Der jagdkundige Mitarbeiter des Regierungspräsidium Freiburg hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass ein elektronischer Schalldämpfer das Richtungshören beeinträchtigt. Das sei insbesondere in Situationen gefährlich, in denen verwundetes Schwarzwild zum Gegenangriff übergehe. Des weiteren hat er den nachvollziehbaren Vortrag des Klägers bestätigt, dass sich angeschossenes Wild typischerweise im Dickicht versteckt. Es ist überzeugend, dass der - in Augenschein genommene - recht massive Gehörsschutz beim Eindringen in ein solches Dickicht vom Kopf gestreift wird. Der Kläger hat auch glaubhaft dargelegt, dass er auch den Fangschuss bei der Nachsuche mit der Langwaffe abgibt, so dass er auch hierfür die Jagdwaffe nutzen wird, die mit dem Schalldämpfer versehen ist. Da es bereits zu einem irreparablen Schaden führen kann, wenn man einmalig dem starken Lärm durch einen Schuss ausgesetzt wird, ist es ohne Belang, dass es andere Jagdsituationen gibt, bei denen das Tragen elektronischen Gehörsschutzes zumutbar sein mag. Zudem schließen sich die Benutzung eines elektronischen Gehörsschutzes und die Verwendung eines Schalldämpfers nicht gegenseitig aus, sondern können gegebenenfalls zum Schutz des bereits vorgeschädigten Gehörs des Klägers kombiniert werden.

Ergänzend kann auf die Wertung in der Lärm-und Vibrationsschutzverordnung vom 06.03.2007, die der Umsetzung der Richtlinie 2003/10/EG vom 06.02.2003 dient, verwiesen werden. Diese Bestimmung betrifft zwar nach der Auffassung der Kammer unmittelbar nur Verpflichtungen des Arbeitgebers. Hier begehrt der Kläger eine waffenrechtliche Erlaubnis von der Beklagten, die nicht seine Arbeitgeberin ist. Unmaßgeblich ist, dass er selbst Vorgesetzteneigenschaft hat, da er die Erlaubnis gerade für sich selbst und nicht seine Mitarbeiter beantragt. Letzteres ist zudem nach dem Waffenrecht ausgeschlossen, worauf das Regierungspräsidium Freiburg im Widerspruchsbescheid zu Recht hingewiesen hat. Art. 5 und 6 der Richtlinie und § 7 Abs. 1 Lärm-und Vibrationsschutzverordnung ist jedoch die Wertung entnehmen, dass persönlicher Lärmschutz gegenüber der Bekämpfung des Lärms am Entstehungsort nachrangig ist und ein Gehörsschutz daher nicht als gleich geeignet angesehen werden kann wie eine Lärmminderung durch einen Schalldämpfer.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage der Gewichtung des besonders anzuerkennenden Interesses bei Erteilung von waffenrechtlichen Erlaubnissen für Schalldämpfer für Jagdwaffen grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).