Widerruf der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten - BAG 10 AZR 562/09
Rechtsgrundlage für die Bestellung und den Widerruf des Beauftragten für Datenschutz ist das BDSG. Die Abberufung kann aus wichtigem Grund erfolgen. Im einschlägigen Fall hat der Arbeitgeber nicht nur den Wideruf erklärt, sondern obendrein noch die Teilkündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt.
Die Klägerin ist als Fluggastabfertigerin beschäftigt und nimmt bei ihrem Arbeitgeber die Aufgaben der Datenschutzbeauftragten wahr. Diese Aufgaben nahmen rund 30 % ihrer Arbeitszeit in Anspruch. Die Klägerin ist auch Mitglied im Betriebsrat ihres beklagten Arbeitgebers. Dieser beschloss mit der später ebenfalls beklagten100%igen Tochtergesellschaft, die Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz zukünftig konzernweit einheitlich durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen. Sie widerriefen deshalb die Bestellung der Klägerin. Die Klägerin erhielt zudem eine Teilkündigung hinsichtlich dieser Aufgabe.
Die Klägerin hat sich mit ihrer Klage gegen diese Maßnahmen gewandt. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.
Nach § 4 f Abs. 3 Satz 4 BDSG kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung von § 626 BGB aus wichtigem Grund widerrufen werden. Weder die Entscheidung des Arbeitgebers, zukünftig die Aufgaben eines Beauftragten für den Datenschutz durch einen externen Dritten wahrnehmen zu lassen, noch die Mitgliedschaft im Betriebsrat stellen einen solchen wichtigen Grund für den Widerruf dar (BAG, Urteil vom 23. März 2011 - 10 AZR 562/09).
Die gesetzliche Regelung der § 4 f Abs. 3 Satz 4 BDSG, § 626 BGB gewährt dem Beauftragten für den Datenschutz einen besonderen Abberufungsschutz. Damit soll dessen Unabhängigkeit und die weisungsfreie Ausübung des Amtes gestärkt werden. Eine Abberufung ist nur aus wichtigem Grund möglich, wenn eine Fortsetzung des Rechtsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar ist. Zwar ist der Arbeitgeber bei der erstmaligen Bestellung frei, ob er einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten bestellt. Hat er hingegen einen internen Beauftragten bestellt, kann er nicht dessen Bestellung allein mit der Begründung widerrufen, er wolle nunmehr einen Externen konzernweit mit dieser Aufgabe beauftragen. Allein in einer solchen Organisationsentscheidung liegt kein wichtiger Grund. Ebenso wenig rechtfertigt die bloße Mitgliedschaft im Betriebsrat, die Zuverlässigkeit eines Beauftragten für den Datenschutz in Frage zu stellen. Auf konkrete Pflichtenverstöße haben sich die Beklagten nicht berufen.
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts BAG, Urteil vom 23. März 2011 - 10 AZR 562/09:
Tenor
[1] 1. Die Revision der Beklagten zu 1. und 2. gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Mai 2009 - 5 Sa 425/09, 5 Sa 434/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Rechtsstellung der Klägerin als Beauftragte für den Datenschutz der Beklagten zu 1. und 2. nicht durch den Widerruf der Beklagten zu 1. und 2. vom 10. Juli 2008 beendet worden ist und das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 geändert worden ist.
[2] 2. Die Beklagte zu 1. trägt 2/3, die Beklagte zu 2. trägt 1/3 der Kosten der Revision.
Tatbestand
[3] Die Parteien streiten über die Abberufung der Klägerin als Beauftragte für den Datenschutz und über die Wirksamkeit einer Teilkündigung.
[4] Die Klägerin ist seit 1981 bei der Beklagten zu 1. bzw. deren Rechtsvorgängerin als Mitarbeiterin Fluggastabfertigung beschäftigt. Sie wurde mit Schreiben vom 24. Februar 1992 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1. und von der Beklagten zu 2. jeweils zur Beauftragten für den Datenschutz bestellt. Insoweit war sie der Geschäftsleitung Administration der Beklagten zu 1. und zu 2. unmittelbar unterstellt und für die Betreuung von ca. 1. 600 Beschäftigten zuständig. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben als Datenschutzbeauftragte wandte sie ca. 30 % ihrer Arbeitszeit auf. Im Übrigen arbeitete sie weiter in der Fluggastabfertigung.
[5] Die Beklagte zu 2. ist eine 100 % ige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1. Für eine weitere Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1., die G GmbH, war ein externer Datenschutzbeauftragter bestellt.
[6] Die Klägerin ist seit 1994 Mitglied des Betriebsrats der Beklagten zu 1. und Mitglied dessen EDV-Ausschusses.
[7] Die Geschäftsleitung der Beklagten zu 1. beschloss in ihrer Sitzung vom 12. Februar 2008, den Datenschutz für ihr Unternehmen und die Tochtergesellschaften von einem externen Dritten ab 1. August 2008 konzernweit einheitlich wahrnehmen zu lassen. Mit Beschluss vom gleichen Tage entschied auch die Geschäftsführung der Beklagten zu 2., den Datenschutz ab dem 1. August 2008 durch den Dritten ausführen zu lassen. Seit dem 1. August 2008 fungiert Herr S als externer Datenschutzbeauftragter bei den Beklagten und den übrigen Tochtergesellschaften der Beklagten zu 1.
[8] Mit Schreiben vom 10. Juli 2008 widerriefen die Beklagten zu 1. und 2. die Bestellung der Klägerin zur Beauftragten für den Datenschutz zum 31. Juli 2008. Die Beklagte zu 1. sprach ferner eine Teilkündigung zum 31. Juli 2008 aus. Mit Schreiben vom 16. März 2009 erklärte sie eine weitere vorsorgliche Teilkündigung, gegen die die Klägerin ebenfalls Klage beim Arbeitsgericht erhoben hat.
[9] Mit ihrer Klage hat sich die Klägerin gegen den Widerruf ihrer Bestellung zur Beauftragen für den Datenschutz der beiden Beklagten und gegen die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 gewandt und im Wesentlichen ausgeführt: Es liege weder ein wichtiger Grund für ihre Abberufung als betriebliche Datenschutzbeauftragte noch für die ausgesprochene Teilkündigung vor. Sie habe weder ihre Pflichten als Datenschutzbeauftragte noch ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Die Neubestellung eines externen Datenschutzbeauftragten sei ebenso wenig ein wichtiger Grund wie der Wunsch der Beklagten nach einer konzernweiten, einheitlichen Fremdvergabe des Datenschutzes. Ansonsten könne der besondere Abberufungsschutz leicht umgangen werden. Auch rechtfertige ihr Amt als Betriebsrätin den Widerruf nicht.
[10] Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, dass die Rechtsstellung der Klägerin als Beauftragte für den Datenschutz der Beklagten zu 1. und 2. nicht durch den Widerruf der Beklagten zu 1. und 2. vom 10. Juli 2008 beendet worden ist und das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 geändert worden ist.
[11] Die Beklagten zu 1. und 2. haben zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags im Wesentlichen ausgeführt: Sie hätten die unternehmerische Entscheidung getroffen, den betrieblichen Datenschutz konzernweit einheitlich betreuen zu lassen. Ein solcher betriebsbedingter Grund sei ein wichtiger Grund iSv. § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG. Es obliege ihrer freien Organisationsentscheidung, ob sie die Position eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten intern oder extern besetzen wollten. Die Beauftragung eines externen Datenschutzbeauftragten sei nicht nur wirtschaftlicher, sondern aufgrund der Vielzahl datenschutzrelevanter Aufgaben auch konzerneinheitlich dringend geboten. Im Übrigen sei das Amt der Datenschutzbeauftragten mit dem Betriebsratsamt inkompatibel. Die Stellung der Klägerin als Betriebsratsmitglied stelle ihre unbedingte Zuverlässigkeit als betriebliche Datenschutzbeauftragte wegen möglicher Interessenkonflikte in Frage.
[12] Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Klägerin teilweise entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu 1. zurückgewiesen, das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass der Widerruf der Beklagten zu 2. und der Widerruf und die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 rechtsunwirksam sind. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten zu 1. und 2. ihre Klageabweisungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe
[13] Die Revision der Beklagten zu 1. und 2. hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass sowohl der Widerruf der Beklagten zu 1. und 2. als auch die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 rechtsunwirksam sind. Die Rechtsstellung der Klägerin als Beauftragte für den Datenschutz ist hierdurch nicht beendet und das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht geändert worden.
[14] I. Der Widerruf der Bestellung der Klägerin zur Beauftragten für den Datenschutz bei der Beklagten zu 1. ist unwirksam. Die Klägerin ist nicht mit Schreiben der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 wirksam als betriebliche Datenschutzbeauftragte abberufen worden. Der Widerruf genügt nicht den Anforderungen des § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG.
[15] 1. Nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG kann die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz in entsprechender Anwendung von § 626 BGB, bei nicht-öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, widerrufen werden.
[16] a) Die gesetzliche Regelung gewährt einen besonderen Abberufungsschutz für die Beauftragten für den Datenschutz und stärkt durch den Verweis auf § 626 BGB deren Unabhängigkeit (Taeger/Gabel/Scheja § 4f BDSG Rn. 41). Um die Wirksamkeit des Datenschutzes in den Betrieben zu erhöhen und zu sichern, reduziert die Norm das Recht der nicht-öffentlichen Stelle zur Abberufung auf zwei gesetzliche Tatbestände (Simitis in Simitis BDSG 6. Aufl. § 4f Rn. 182). Die unabhängige Stellung des Datenschutzbeauftragten, sein Amt weisungsfrei ausüben zu können und wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht beeinträchtigt zu werden, soll so abgesichert werden. Der Datenschutzbeauftragte soll seiner Tätigkeit im Interesse des Datenschutzes ohne Furcht vor einer Abberufung nachgehen können. Eine Abberufung soll nur möglich sein, wenn objektive und schwerwiegende Gründe sie rechtfertigen (Taeger/Gabel/Scheja § 4f BDSG Rn. 41). Eine weitere Tätigkeit als Beauftragter für den Datenschutz muss der nicht-öffentlichen Stelle unzumutbar sein (Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 3. Aufl. § 4f Rn. 67).
[17] b) Aufgrund der Verweisung in § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG muss für die Abberufung ein wichtiger Grund vorliegen, der es der Beklagten zu 1. aufgrund von Tatsachen und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls sowie unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar macht, die Klägerin als betriebliche Datenschutzbeauftragte auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiterhin einzusetzen. Als wichtige Gründe kommen insbesondere solche in Betracht, die mit der Funktion und Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zusammenhängen und eine weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich machen oder sie zumindest erheblich gefährden (vgl. Taeger/Gabel/Scheja § 4f BDSG Rn. 42; Simitis in Simitis § 4f Rn. 183; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert § 4f Rn. 67; DFL/Scholz 3. Aufl. § 4f BDSG Rn. 4; Bongers ArbR 2010, 139, 141), beispielsweise ein Geheimnisverrat oder eine dauerhafte Verletzung der Kontrollpflichten als Datenschutzbeauftragter (zu weiteren Beispielen vgl. Bongers ArbR 2010, 139, 141; Rudolf NZA 1996, 296, 301; Schlemann Recht des betrieblichen Datenschutzbeauftragten S. 241). Auch die wirksame Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses kann ein wichtiger Grund für den Widerruf der Bestellung eines internen Beauftragen für den Datenschutz sein (Bongers ArbR 2010, 139, 141; Gehlhaar NZA 2010, 373, 376 f.; Dzida/Kröpelin BB 2010, 1026, 1029).
[18] 2. Die Beklagte zu 1. hat keinen wichtigen Grund für die Abberufung der Klägerin als betriebliche Datenschutzbeauftragte dargetan.
[19] a) Konkrete Pflichtverstöße der Klägerin als Beauftragte für den Datenschutz hat die Beklagte zu 1. nicht geltend gemacht.
[20] b) Die von der Beklagten zu 1. als Grund genannte organisatorische Änderung, nach der der betriebliche Datenschutz zukünftig durch einen externen statt durch einen internen Datenschutzbeauftragten gewährleistet werden soll, rechtfertigt den Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund nicht.
[21] aa) Bei der erstmaligen Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz hat die nicht-öffentliche Stelle eine Entscheidungsfreiheit, ob sie einen internen oder externen Datenschutzbeauftragten bestellen will (vgl. bspw. Simitis in Simitis § 4f Rn. 40). Das freie Bestellungs- und Auswahlrecht rechtfertigt es aber nicht, einen bereits bestellten Beauftragten für den Datenschutz ohne Weiteres aufgrund einer erneuten Organisationsentscheidung wieder abzuberufen. Die Zulassung einer jederzeitigen Widerrufsmöglichkeit aufgrund einer organisatorischen Änderung und die generelle Anerkennung einer freien Strukturentscheidung als wichtiger Grund würden dazu führen, den besonderen Abberufungsschutz, der insbesondere der Sicherung der unabhängigen Stellung des Datenschutzbeauftragten dient, zur Disposition der nicht-öffentlichen Stelle zu stellen (vgl. Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 4f Rn. 40; Simitis in Simitis § 4f Rn. 185).
[22] bb) Will deshalb eine verantwortliche Stelle aus organisatorischen, finanziellen oder personalpolitischen Überlegungen den bisherigen Beauftragten für den Datenschutz durch einen externen Datenschutzbeauftragten ersetzen, liegt darin regelmäßig noch kein wichtiger Grund zum Widerruf und zur Abberufung eines Beauftragten für den Datenschutz (vgl. Ehmann Anm. CR 1994, 485; HWK/Lembke 4. Aufl. §§ 4f, 4g BDSG Rn. 18). Es bedarf vielmehr zwingender Gründe, die die Maßnahme unabweislich machen. Dies kann etwa bei einem dauerhaften Wegfall der Aufgaben eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten der Fall sein.
[23] Dies gilt umso mehr, als auch dringende betriebliche Erfordernisse regelmäßig nur eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach § 1 KSchG, nicht jedoch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB rechtfertigen können. Eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung ist nur ausnahmeweise aus wichtigem Grund zulässig. Es zählt zu dem vom Arbeitgeber zu tragenden Unternehmerrisiko, zumindest die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers kann dem Arbeitgeber in diesem Sinne unzumutbar sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum das Gehalt weiter zahlen müsste, obwohl er zB wegen einer Betriebsstilllegung für dessen Arbeitskraft überhaupt keine Verwendung mehr hätte (BAG 28. März 1985 - 2 AZR 113/84 - BAGE 48, 220; 12. Juli 1995 - 2 AZR 762/94 - AP BGB § 626 Krankheit Nr. 7 = EzA BGB § 626 nF Nr. 156; 5. Februar 1998 - 2 AZR 227/97 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 88, 10; 8. April 2003 - 2 AZR 355/02 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 181 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 2; Bröhl Die außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist S. 140). Dementsprechend erkennt die Rechtsprechung einen betriebsbedingten Grund zur außerordentlichen Kündigung ausnahmsweise an, wenn der Arbeitgeber aufgrund einer unternehmerischen Organisationsentscheidung den Betrieb geschlossen oder die Einrichtung aufgelöst hat und ein Einsatz des Arbeitnehmers unter keinem Gesichtspunkt - auch nicht zu geänderten Arbeitsbedingungen - mehr möglich erscheint oder wenn durch die geplante und durchgeführte Organisationsänderung eine Kostenersparnis erzielt werden kann, die zur Abwendung einer betrieblichen Notsituation dringend erforderlich ist (vgl. bspw. BAG 26. Juni 2008 - 2 AZR 147/07 - Rn. 22, AP BAT § 55 Nr. 8). Spiegelt man diese Wertungsgesichtspunkte auf die Widerrufsgründe des § 4f Abs. 3 BDSG iVm. § 626 BGB, kann ein wichtiger Grund bei einer Stilllegung des Betriebs oder zur Abwendung einer betrieblichen Notsituation in Betracht kommen (Dzida/Kröpelin BB 2010, 1026, 1028).
[24] cc) Eine solche Situation hat die Beklagte zu 1. nicht dargelegt. Ihrer Organisationsentscheidung, zukünftig einen externen, konzernweit agierenden Beauftragten für den Datenschutz einzusetzen, liegt kein wichtiger Grund zugrunde. Dass eine entsprechende Umorganisation aus sonstigen Gründen zwingend geboten war, hat sie nicht dargetan. Hierfür reichen allein Kostenersparnisgründe und die Schaffung einer "einheitlichen Organisation" im Konzern nicht aus.
[25] 3. Entgegen der Auffassung der Revision liegt auch kein wichtiger Grund für einen Widerruf der Bestellung vor, weil die Klägerin Mitglied des Betriebsrats ist.
[26] a) Ein Widerruf der Bestellung kann aus wichtigem Grund begründet sein, wenn der zum Beauftragten für den Datenschutz bestellte Arbeitnehmer die zur Aufgabenerfüllung erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit iSv. § 4f Abs. 2 Satz 1 BDSG nicht (mehr) besitzt (HWK/Lembke §§ 4f, 4g BDSG Rn. 18). Die Zuverlässigkeit eines Beauftragten für den Datenschutz kann in Frage stehen, wenn Interessenkonflikte drohen. Eine Überschneidung von Interessensphären kann die vom BDSG geforderte Zuverlässigkeit beeinträchtigen (vgl. bspw. BAG 22. März 1994 - 1 ABR 51/93 - zu B IV der Gründe, BAGE 76, 184; ErfK/Wank 11. Aufl. § 4f BDSG Rn. 3).
[27] b) Die bloße Mitgliedschaft im Betriebsrat und dessen EDV-Ausschuss macht die Klägerin für das Amt der Beauftragten für den Datenschutz nicht unzuverlässig. Es besteht keine grundsätzliche Inkompatibilität zwischen diesen beiden Ämtern (vgl. bspw. Gola/Schomerus § 4f Rn. 28; Breinlinger RDV 1993, 53, 55; aA Simitis in Simitis § 4f Rn. 108; Bergmann/Möhrle/Herb Datenschutzrecht Stand Januar 2011 § 4f BDSG Rn. 105; Beder CR 1990, 475, 476). Dass der betriebliche Datenschutzbeauftragte Kontroll- und Überwachungsbefugnisse gegenüber dem Arbeitgeber hat, macht ein Betriebsratsmitglied nicht generell für diesen Aufgabenbereich ungeeignet. Die Rechtsstellung des Arbeitgebers wird nicht dadurch unzulässig beeinträchtigt, dass er einem Datenschutzbeauftragten gegenübersteht, der zugleich die Rechte des Betriebsrats aus dem BetrVG wahrnimmt. Eine Interessenkollision zwischen beiden Ämtern ist nicht ersichtlich. Ob dem Datenschutzbeauftragten im Einzelfall mögliche Beaufsichtigungs- und Kontrollbefugnisse gegenüber dem Betriebsrat zukommen (ablehnend: BAG 11. November 1997 - 1 ABR 21/97 - zu B III 2 c und c bb der Gründe, BAGE 87, 64), kann dahingestellt bleiben. Auch als Mitglied des Betriebsrats kann ein Datenschutzbeauftragter diese Rechte ordnungsgemäß wahrnehmen, ebenso wie er sie als Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber wahrzunehmen hat. Eine generelle Unvereinbarkeit ist nicht anzunehmen (BAG 22. März 1994 - 1 ABR 51/93 - zu B IV der Gründe, BAGE 76, 184). Ein Widerruf der Bestellung kommt erst bei einer unzureichenden Aufgabenwahrnehmung in Betracht. Konkrete Verstöße gegen Kontrollpflichten durch die Klägerin hat die Beklagte zu 1. aber nicht benannt und sind vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden.
[28] II. Die Teilkündigung der Beklagten zu 1. vom 10. Juli 2008 ist unwirksam. Sie ist unverhältnismäßig, weil es ihrer nicht bedurfte.
[29] 1. Teilkündigungen, mit denen der Kündigende einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen der anderen Vertragspartei einseitig ändern will, sind grundsätzlich unzulässig. Sie stellen einen unzulässigen Eingriff in das ausgehandelte Äquivalenz- und Ordnungsgefüge des Vertrags dar (hM vgl. bspw. BAG 25. Februar 1988 - 2 AZR 346/87 - zu A III 3 c aa der Gründe, BAGE 57, 344; 23. August 1989 - 5 AZR 569/88 - zu II 2 der Gründe, AP BGB § 565e Nr. 3 = EzA BGB § 565b - e Nr. 3; 14. November 1990 - 5 AZR 509/89 - zu II 1 der Gründe, BAGE 66, 214; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 377; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 51). Nur ausnahmsweise können Teilkündigungen zulässig sein, wenn dem einen Vertragspartner das Recht hierzu eingeräumt wurde und kein zwingender Kündigungsschutz umgangen wird (vgl. BAG 14. November 1990 - 2 AZR 509/89 - aaO; 6. November 2007 - 1 AZR 826/06 - Rn. 25 ff., BAGE 124, 314; 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 30, BAGE 121, 369).
[30] 2. Es liegt kein Tatbestand vor, nach dem eine Teilkündigung ausnahmsweise als zulässig anzusehen wäre.
[31] a) Nach der Rechtsprechung des Senats (29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 10 ff., EzA BDSG § 4f Nr. 2) tritt mit der Bestellung zum internen Beauftragten für den Datenschutz die damit verbundene Tätigkeit für die Dauer des Amtes zur (bisher) vertraglich geschuldeten Leistung des Arbeitnehmers hinzu. Das BDSG regelt nicht, welches Rechtsverhältnis mit der Bestellung zum Datenschutzbeauftragten begründet werden soll. § 4f Abs. 1 BDSG regelt nur die einseitige Bestellung. Davon ist die vertragliche Grundlage zu trennen, nach der sich der Beauftragte für den Datenschutz schuldrechtlich verpflichtet, diese Aufgabe zu übernehmen (siehe auch BAG 13. März 2007 - 9 AZR 612/05 - Rn. 21, BAGE 121, 369; Gehlhaar NZA 2010, 373, 375). Die Übertragung des Amtes und der damit verbundenen Aufgaben ist gegenüber dem Arbeitnehmer regelmäßig nicht durch Ausübung des Direktionsrechts möglich. Es bedarf vielmehr einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien, dass die Wahrnehmung des Amtes und der damit verbundenen Tätigkeit Teil der vertraglich geschuldeten Leistung werden soll. Diese Vereinbarung kann konkludent geschlossen werden, indem der Arbeitnehmer das angetragene Amt annimmt. Damit erweitern sich seine arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten um die Tätigkeit eines betrieblichen Datenschutzschutzbeauftragten.
[32] b) Mit welchem konkreten Inhalt der Arbeitsvertrag geändert und angepasst wird, ist durch Auslegung der Vereinbarung nach §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Regelmäßig wird bei einer Bestellung einzelner Arbeitnehmer zu Datenschutzbeauftragten im bestehenden Arbeitsverhältnis der Arbeitsvertrag nach Maßgabe der Bestimmung um die mit diesem Amt verbundenen Aufgaben erweitert. Nimmt der Arbeitnehmer dieses Angebot durch Übernahme der Tätigkeit an und dokumentiert er damit sein Einverständnis mit der Bestellung, wird der Arbeitsvertrag für die Zeitspanne der Amtsübertragung entsprechend geändert und angepasst. Wird die Bestellung nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG wirksam widerrufen, ist die Tätigkeit des Beauftragten für den Datenschutz nicht mehr Bestandteil der vertraglich geschuldeten Leistung. Es bedarf dann keiner Teilkündigung mehr (BAG 29. September 2010 - 10 AZR 588/09 - Rn. 15 f., EzA BDSG § 4f Nr. 2; im Ergebnis auch: Gehlhaar NZA 2010, 373, 375). Eine Teilkündigung kann andererseits nicht arbeitsvertraglich vorbehalten werden, da der Widerruf gerade an einen wichtigen Grund gebunden ist.
[33] c) Die als Mitarbeiterin in der Fluggastabfertigung beschäftigte Klägerin wurde mit Schreiben der Beklagten zu 1. vom 24. Februar 1992 zur Beauftragten für den Datenschutz nach den Bestimmungen des BDSG bestellt. Aus diesem Schreiben ergibt sich weder ein Angebot auf eine dauerhafte Übertragung der Aufgaben einer betrieblichen Datenschutzbeauftragten noch eine dauerhafte Änderung des Arbeitsvertrags. Die Bestellung sollte, wie sich aus der vertraglichen Formulierung ("wir bestellen Sie … zur Datenschutzbeauftragten … gemäß § 36 BDSG" und "Ihre Aufgaben als Datenschutzbeauftragte ergeben sich aus dem BDSG") ergibt, zu einer Erweiterung der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen führen. Dieses Angebot hat die Klägerin mit ihrem Einverständnis zur Bestellung als betriebliche Datenschutzbeauftragte angenommen. Der Arbeitsvertrag ist demnach für die Dauer der Übertragung des Amtes und der damit verbundenen Tätigkeit - auflösend bedingt - erweitert worden. Einer Teilkündigung bedurfte es deshalb nicht, wenn die Klägerin nach der Bestellung in das Amt der Beauftragten für den Datenschutz nach § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG wirksam von diesem abberufen worden wäre. Sie ist überflüssig, damit unverhältnismäßig und unwirksam.
[34] III. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter erkannt, dass der Widerruf der Bestellung zur Beauftragten für den Datenschutz bei der Beklagten zu 2. mit Schreiben vom 10. Juli 2008 unwirksam ist. Diesem Widerruf liegt kein wichtiger Grund iSv. § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG iVm. § 626 BGB zugrunde.
[35] Die Klägerin ist zur externen Beauftragten für den Datenschutz bei der Beklagten zu 2. bestellt worden. Dieser Bestellung liegt ein Geschäftsbesorgungsvertrag zugrunde. Auch eine solche Bestellung ist nur nach Maßgabe des § 4f Abs. 3 Satz 4 BDSG iVm. § 626 BGB widerrufbar. Deren Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Es fehlt an einem wichtigen Grund. Dieser liegt nicht darin, die als externe Beauftragte für den Datenschutz tätige Klägerin durch einen anderen (externen) Beauftragten für den Datenschutz aus Vereinheitlichungsgründen zu ersetzen, ohne dass Pflichtverletzungen der Klägerin vorliegen.
[36] IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 100 Abs. 1 und 2 ZPO.