Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienst von Ärzten - BAG 10 AZR 661/09
Die tarifliche Ausschlussfrist beim Anspruch auf Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienste während der Nachtzeit gemäß TV-Ärzte/Hessen war Gegenstand einer Entscheidung des BAG. Bereitschaftsdienststunden, die in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistet werden, sind Nachtarbeitsstunden iSv. § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen, die einen Anspruch auf Zusatzurlaub begründen. Das ergibt der Sinn und Zweck dieser Vorschrift.
Volltext des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 23.3.2011 - 10 AZR 661/09:
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. August 2009 - 2/11 Sa 193/09 - wird zurückgewiesen.
2. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. August 2009 - 2/11 Sa 193/09 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg vom 12. Dezember 2008 - 2 Ca 283/08 - abgeändert hat. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Marburg wird auch insoweit zurückgewiesen.
3. Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf tariflichen Zusatzurlaub wegen Nachtarbeit im Bereitschaftsdienst.
Der Kläger ist beim beklagten Land in einem Universitätsklinikum als Arzt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für die Ärztinnen und Ärzte an den hessischen Universitätskliniken (TV-Ärzte Hessen) vom 30. November 2006 jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung.
Der Tarifvertrag enthielt für das Jahr 2007 ua. folgende Regelungen:
„§ 6 Sonderformen der Arbeit
…
(3) Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst). Der Ar-beitgeber darf Bereitschaftsdienst nur anordnen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt. …
…
(5) Nachtarbeit ist die Arbeit zwischen 21 Uhr und 6 Uhr.
…
§ 7 Ausgleich für Sonderformen der Arbeit
(1) Ärztinnen und Ärzte erhalten neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung Zeitzuschläge. Die Zeitzuschläge betragen - auch bei Teilzeitbeschäftigten - je Stunde
a) für Überstunden
15 v. H.,
b) für Nachtarbeit
1,28 EUR,
…
(4) Zur Berechnung des Entgelts wird die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit in drei Stufen als Arbeitszeit gewertet. Ausschlaggebend sind die Arbeitsleistungen, die während des Bereitschaftsdienstes erfahrungsgemäß durchschnittlich anfallen:
Bereitschafts-dienststufe
Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes
Bewertung als Arbeitszeit
I
Bis zu 25 v. H.
60 v. H.
II
Mehr als 25 v. H. bis 40 v. H.
80 v. H.
III
Mehr als 40 v. H. bis 49 v. H.
95 v. H.
Für die Zeit des Bereitschaftsdienstes an gesetzlichen Feiertagen erhöht sich die Bewertung um 25 Prozentpunkte. Im Übrigen werden Zeitzuschläge nach § 7 für die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit nicht gezahlt. …
…
§ 21 Erholungsurlaub
(1) Ärztinnen und Ärzte haben in jedem Kalenderjahr Anspruch auf Erholungsurlaub unter Fortzahlung des Entgelts (§ 16) ...
(2) Im Übrigen gilt das Bundesurlaubsgesetz mit folgenden Maßgaben:
a) Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende dienstliche, dringende betriebliche oder in der Person der Ärztin oder des Arztes liegende Gründe dies rechtfertigen.
b) Im Falle der Übertragung muss der Erholungsurlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres angetreten werden. Kann der Erholungsurlaub wegen Arbeitsunfähigkeit oder aus dringenden dienstlichen oder dringenden betrieblichen Gründen nicht bis zum 31. März angetreten werden, ist er bis zum 31. Mai anzutreten.
…
§ 22 Zusatzurlaub
…
(2) Ärztinnen und Ärzte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 6 Absatz 1 oder ständig Schichtarbeit nach § 6 Absatz 2 leisten und denen die Zulage nach § 7 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 zusteht, erhalten einen Arbeitstag Zusatzurlaub
a) bei Wechselschichtarbeit für je zwei zusammenhängende Monate und
b) bei Schichtarbeit für je vier zusammenhängende Monate.
(3) Im Falle nicht ständiger Wechselschicht- oder Schichtarbeit …
…
(5) Im Übrigen gilt § 21 mit Ausnahme von Absatz 2 Buchstabe c entsprechend.
(6) Ärztinnen und Ärzte erhalten Zusatzurlaub im Kalenderjahr bei einer Leistung im Kalenderjahr von mindestens
150 Nachtarbeitsstunden
1 Arbeitstag
300 Nachtarbeitsstunden
2 Arbeitstage
450 Nachtarbeitsstunden
3 Arbeitstage
600 Nachtarbeitsstunden
4 Arbeitstage.
Bei Teilzeitbeschäftigten ist die Zahl der in Satz 1 geforderten Nachtarbeitsstunden entsprechend dem Verhältnis der vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit von entsprechenden Vollzeitbeschäftigten zu kürzen. Nachtarbeitsstunden, die in Zeiträumen geleistet werden, für die Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit zusteht, bleiben unberücksichtigt. Absatz 4 und Absatz 5 finden Anwendung.
Protokollnotiz zu § 22 Absatz 6:
Der Anspruch auf Zusatzurlaub bemisst sich nach den abgeleisteten Nachtarbeitsstunden und entsteht im laufenden Jahr, sobald die Voraussetzungen nach Absatz 6 Satz 1 erfüllt sind.
§ 30 Ausschlussfrist
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Ärztinnen und Ärzten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.“
Im Jahr 2007 hat der Kläger 72 Bereitschaftsdienste mit insgesamt 648 Bereitschaftsdienststunden zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistet. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 verlangte er Zusatzurlaub für die bisher im Jahr 2007 geleisteten Nachtarbeitsstunden. Die Universitätsklinikum G GmbH lehnte mit Schreiben vom 16. Januar 2008 einen Anspruch grundsätzlich ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Bereitschaftsdienststunden in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr um Nachtarbeit iSv. § 6 Abs. 5 des TV-Ärzte Hessen handele. Arbeitszeit sei dabei jede Stunde seiner Anwesenheit während der Bereitschaftsdienste, unabhängig davon, ob er die Arbeit tatsächlich aufgenommen habe. Hilfsweise ergebe sich ein Anspruch direkt aus § 6 Abs. 5 ArbZG. Er sei Nachtarbeitnehmer; ein Ausgleich sei bei einer Zuordnung zur Bereitschaftsdienststufe III im Umfang von drei Arbeitstagen angemessen.
Der Kläger hat beantragt,
1. ihm vier Tage Zusatzurlaub zu gewähren,
2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziff. 1, ihm drei Tage Zusatzurlaub für das Jahr 2007 in natura zu gewähren.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es vertritt die Auffassung, ein Zusatzurlaubsanspruch ergebe sich nur für tatsächlich geleistete Nachtarbeit innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Bereitschaftsdienste lägen hingegen außerhalb dieser regelmäßigen Arbeitszeit und würden gesondert vergütet.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die erstinstanzliche Entscheidung teilweise abgeändert und die Klage im Hinblick auf einen Zusatzurlaubstag wegen Nichteinhaltung der tariflichen Ausschlussfrist abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision und der Anschlussrevision verfolgen die Parteien ihre ursprünglichen Prozessziele weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Demgegenüber ist die zulässige Anschlussrevision begründet. Dem Kläger steht für das Jahr 2007 ein Anspruch auf Gewährung von vier Tagen Zusatzurlaub als Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, § 286 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB iVm. § 22 Abs. 6 und Abs. 5, § 21 Abs. 2 TV-Ärzte Hessen zu.
I. Bereitschaftsdienststunden, die in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr geleistet werden, sind Nachtarbeitsstunden iSv. § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen, die einen Anspruch auf Zusatzurlaub begründen. Dies ergibt die Auslegung der Norm.
1. Der Wortlaut der tariflichen Regelung, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 15, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 220) ist nicht eindeutig. Danach löst die Leistung einer bestimmten Anzahl von Nachtarbeitsstunden den Anspruch auf Zusatzurlaub aus. Der TV-Ärzte Hessen definiert nicht diesen Begriff, sondern in § 6 Abs. 5 den der Nachtarbeit als Arbeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr. Geleistet werden in dieser Zeitspanne sowohl regelmäßige Arbeitsstunden wie auch Bereitschaftsdienststunden, in denen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV-Ärzte Hessen regelmäßig Arbeit anfällt.
2. Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang ergibt kein eindeutiges Ergebnis. Der Tarifvertrag differenziert bei den in § 6 geregelten Sonderformen der Arbeit zwischen der Nachtarbeit und dem Bereitschaftsdienst. § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen greift diese Differenzierung nicht auf. Dies kann bedeuten, dass nur innerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Nachtarbeit den Anspruch auf Zusatzurlaub auslöst; denkbar ist aber auch ein tarifliches Verständnis, dass sämtliche Bereitschaftsdienststunden oder zumindest in diesem Rahmen tatsächlich anfallende Arbeitsstunden den Anspruch auslösen sollen.
3. Sinn und Zweck der Vorschrift verdeutlichen jedoch, dass nächtliche Bereitschaftsdienststunden Nachtarbeitsstunden im Sinne von § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen sind.
a) Ein tariflicher Zusatzurlaub etwa entsprechend der früheren Vorschrift des § 48a BAT/BAT-O dient dem Ausgleich der durch Wechselschicht-, Schicht- und Nachtarbeit verursachten besonderen Belastungen (vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 923/08 - Rn. 21, AP TVöD § 46 Nr. 1 [Schichtarbeit, zu § 46 Nr. 7 TVöD-BT-V]; 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 19, AP ArbZG § 6 Nr. 10 = EzA ArbZG § 6 Nr. 7 [Nachtarbeit, zu § 48a BAT-KF]; 7. November 2007 - 7 AZR 820/06 - Rn. 21, BAGE 124, 356 [Wechselschichtarbeit, zu § 48a BAT]). § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen regelt den tariflichen Ausgleich iSv. § 6 Abs. 5 ArbZG für die Belastung durch Nachtarbeit. Nach diesem Zweck ist der Auslegung der Norm der arbeitsschutzrechtliche Arbeitsbegriff zugrunde zu legen. Bereitschaftsdienst, den ein Arbeitnehmer in Form persönlicher Anwesenheit im Betrieb des Arbeitgebers leistet, ist nach der Rechtsprechung des EuGH und nach der hieran anknüpfenden Neufassung des ArbZG in vollem Umfang als Arbeitszeit iSv. Art. 2 der Richtlinie 2003/88/EG anzusehen, ohne Rücksicht darauf, welche Arbeitsleistung der Betroffene während des Bereitschaftsdienstes tatsächlich erbringt (EuGH 1. Dezember 2005 - C-14/04 - [Dellas] Rn. 46, Slg. 2005, I-10253; 5. Oktober 2004 - C-397/01 bis C-403/01 - [Pfeiffer ua.] Rn. 93, Slg. 2004, I-8835; 9. September 2003 - C-151/02 - [Jaeger] Rn. 75, Slg. 2003, I-8389; 3. Oktober 2000 - C-303/98 - [Simap] Rn. 52, Slg. 2000, I-7963). Das hat der Senat bereits entschieden (23. Juni 2010 - 10 AZR 543/09 - Rn. 20 ff., AP ArbZG § 7 Nr. 4 = EzA ArbZG § 7 Nr. 8). Bereitschaftsdienst in der Nachtzeit ist in seiner gesamten Dauer nach § 6 Abs. 5 ArbZG auszugleichen, unabhängig davon, in welchen Arbeitsstunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht wurde (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 21, AP ArbZG § 6 Nr. 10 = EzA ArbZG § 6 Nr. 7). Für jede Stunde des nächtlichen Bereitschaftsdienstes besteht deshalb ein gesetzlicher Anspruch auf einen Belastungsausgleich, der durch § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen näher bestimmt wird.
b) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird dieser Ausgleich tariflich nicht anderweitig gewährt. Das Bereitschaftsdienstentgelt nach § 7 Abs. 4 TV-Ärzte Hessen enthält keinen entsprechenden Ausgleichsfaktor (zu § 48a BAT-KF bereits BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 24, AP ArbZG § 6 Nr. 10 = EzA ArbZG § 6 Nr. 7). Seine Höhe ist nicht davon abhängig, ob Bereitschaftsdienste tagsüber oder während der Nachtzeit geleistet werden. Auch durch § 7 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV-Ärzte Hessen wird kein Ausgleich gewährt; der Zuschlag je Nachtarbeitsstunde wird gemäß § 7 Abs. 4 Satz 4 TV-Ärzte Hessen während des Bereitschaftsdienstes nicht gezahlt.
4. Schließlich spricht die Entstehungsgeschichte der Tarifnorm, auf die bei etwaigen Auslegungszweifeln zurückgegriffen werden kann (BAG 24. Februar 2010 - 10 AZR 1035/08 - Rn. 29, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 220), dafür, dass Bereitschaftsdienststunden in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 6:00 Uhr als Nachtarbeitsstunden anzusehen sind und den tariflichen Anspruch auf Zusatzurlaub auslösen. Der in der Vorgängernorm des § 48a Abs. 6 Satz 1 BAT/BAT-O enthaltene Vorbehalt, dass nur im Rahmen regelmäßiger Arbeitszeit geleistete Arbeitsstunden berücksichtigt werden, ist in § 22 TV-Ärzte Hessen nicht mehr enthalten.
5. Nach § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen erhalten Ärztinnen und Ärzte für eine Leistung von jeweils 150 Nachtarbeitsstunden einen Arbeitstag Zusatzurlaub. Dieser Ausgleich entspricht einem Zuschlag von etwa fünf Prozent und ist für Bereitschaftsdienstzeiten nicht unangemessen (vgl. BAG 15. Juli 2009 - 5 AZR 867/08 - Rn. 22, AP ArbZG § 6 Nr. 10 = EzA ArbZG § 6 Nr. 7).
II. Die weiteren Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs (vgl. BAG 21. September 2009 - 9 AZR 486/09 -) liegen vor. Der Anspruch auf Zusatzurlaub für das Jahr 2007 ist nach § 22 Abs. 5, § 21 Abs. 2 Buchst. b TV-Ärzte Hessen, § 7 Abs. 3 BUrlG spätestens mit Ablauf des 31. Mai 2008 verfallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger mit Schreiben vom 12. Dezember 2007 die Gewährung des Zusatzurlaubs verlangt und das beklagte Land gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verzug gesetzt.
III. Die Anschlussrevision ist begründet. Der erste im Jahr 2007 entstandene Zusatzurlaubstag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht gemäß § 30 TV-Ärzte Hessen verfallen.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts, wonach der Anspruch auf Zusatzurlaub wegen Nachtarbeit sukzessive mit Ableistung der Nachtarbeitsstunden entsteht. Dies ergibt sich aus § 22 Abs. 6 TV-Ärzte Hessen iVm. der Protokollnotiz zu dieser Vorschrift. Damit ist der Anspruch auf den ersten Zusatzurlaubstag nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bereits Ende März 2007 entstanden.
2. Die tarifliche Ausschlussfrist des § 30 TV-Ärzte Hessen findet auf Zusatzurlaubsansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis keine Anwendung.
Nach ständiger Rechtsprechung sind tarifliche Ausschlussfristen auf den gesetzlichen und tariflichen Urlaub wegen des eigenständigen Zeitregimes, der er unterliegt, nicht anzuwenden (BAG 20. Januar 2009 - 9 AZR 650/07 - Rn. 27 [gesetzlicher Urlaub]; 21. Juni 2005 - 9 AZR 200/04 - zu II 4 d aa der Gründe, AP InsO § 55 Nr. 11 = EzA BUrlG § 7 Nr. 114; 24. November 1992 - 9 AZR 549/91 - zu 3 der Gründe [tariflicher Urlaub], AP BUrlG § 1 Nr. 23 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 102). Es kann dahinstehen, ob hieran nach der veränderten Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen und der mindestens teilweisen Aufgabe der Surrogatstheorie (BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 15 ff., EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 17; 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - Rn. 71 [Zusatzurlaub gemäß § 125 SGB IX], AP SGB IX § 125 Nr. 3 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 16) in vollem Umfang, insbesondere für Urlaubsabgeltungsansprüche, festzuhalten ist.
Der TV-Ärzte Hessen sieht für Urlaubs- und Zusatzurlaubsansprüche jedenfalls im laufenden Arbeitsverhältnis weiterhin ein eigenständiges Zeitregime vor. Auf den Zusatzurlaub sind gemäß § 22 Abs. 6 Satz 4 und Abs. 5, § 21 Abs. 2 TV-Ärzte Hessen grundsätzlich die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs anzuwenden (vgl. BAG 17. November 2009 - 9 AZR 923/08 - Rn. 16, AP TVöD § 46 Nr. 1 [zu § 46 TVöD-BT-V]; 24. September 2008 - 10 AZR 669/07 - Rn. 45, BAGE 128, 29 [zu § 27 TVöD]; 6. September 2005 - 9 AZR 492/04 - Rn. 10 ff., AP BAT § 49 Nr. 8 = EzBAT BAT § 49 Nr. 15 [zu § 49 BAT]). Diese Vorschriften werden hinsichtlich der Übertragung zugunsten der Arbeitnehmer modifiziert, da ein weiterer Übertragungsgrund besteht (dringende dienstliche Gründe) und der Übertragungszeitraum unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 31. Mai des Folgejahres verlängert ist. Bei dieser Ausgestaltung der Urlaubsvorschriften im Tarifvertrag kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tarifliche Regelung zusätzlich eine schriftliche Geltendmachung jeweils sechs Monate nach Ableisten der vorausgesetzten Nachtarbeitsstunden verlangt.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Mikosch Eylert W. Reinfelder Beck Alex