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Abstaffelung der Patentvergütung

23. May
2020

 - 0Will der Arbeitgeber eine Abstaffelung des Lizenzsatzes nach der Richtlinie Nr. 11 für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst oder nach anderen Abstaffelungsgrundsätzen vornehmen, so muss er die Anwendung der Staffel mit dem Arbeitnehmer vereinbaren. Der Arbeitgeber kann nicht einseitig durch Nachschieben anderer Maßstäbe, wie hier durch eine Abstaffelung, die Berechnungsgrundlage für die Patentvergütung ändern.

Das ursprünglich angerufene Arbeitsgericht hat sich für sachlich unzuständig erklärt (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg - LAG 19 Ta 1699/19).

Volltext des Urteils des Landgerichts Berlin vom 12.03.2020 - LG Berlin 16 O 469/19:

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.773,57 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.9.2019 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Kosten zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenen Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Höhe einer Arbeitnehmererfindervergütung.

Die Beklagte ist im Bereich des Maschinenbaus tätig. Sie entwickelt und produziert Tablettenpressen und Systeme zur Tablettenprüfung und Datenanalyse und gehört zu den weltweit führenden Unternehmen in diesem Bereich.

Der Kläger nahm am 16. Februar 1994 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der xxx-GmbH eine Tätigkeit als Konstrukteur auf. Im Jahr 1995 stellte er ein neues, inzwischen sehr erfolgreiches Maschinenkonzept vor. Im Zuge dessen tätigte er verschiedene Erfindungen, für die Patente eingetragen wurden. Im Jahr 2006 erhielt er erstmals eine Patentvergütung. Am 01. August trat der Kläger in den Ruhestand.

Am 14. / 18. Dezember 2015 schlossen die Parteien die aus der Anlage K 1 ersichtliche Vereinbarung über die Abgeltung aller Ansprüche des Klägers aus der Nutzung der dort genannten Patente bis zum 31. Dezember 2014. Diese Vereinbarung steht nicht im Streit.

Ab dem Jahr 2015 erhielt der Kläger eine jährliche umsatzbasierte Einmalzahlung als Patentvergütung (im folgenden: Erfindervergütung). Wegen des bereits erreichten Ruhestands begründeten die Parteien für den Monat der Auszahlung ein auf diesen Kalendermonat beschränkes Arbeitsverhältnis. Der Kläger erhielt im Jahr 2015 eine Erfindervergütung in Höhe von 10.037,32 € und im Jahr 2016 in Höhe von 15.140,79 €.

Im Streit steht die Erfindervergütung für das Jahr 2017., bei der die Beklagte die Lizenzsätze erstmals abstaffelte. Dies führte zu einer Kürzung der Erfindervergütung um 6.773,57 € auf einen Betrag von 8.053,36 €, den die Beklagte an den Kläger auszahlte. Die Parteien streiten um den Kürzungsbetrag.

Der Käger meint:

Die Parteien hätten eine Vereinbarung zur Festsetzung der Erfindervergütung und zu ihrer Berechnung getroffen. Die Beklagte habe ihm die Berechnungsgrundlage Anlage K 10 mit Abschluss der Vereinbarung ausgehändigt und sie sei zum Inhalt der Vereinbarung gemacht worden. Eine Abstaffelung hätten die Parteien unstreitig nicht vereinbart. Er habe die Patentvergütung seit dem Jahr 2006 unstreitig stets ohne Abstaffelung erhalten.

Hilfsweise stütze er sich auf eine betriebliche Übung.

Das ursprünglich angerufene Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten durch Beschluss vom 19. Juli 2019 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Berlin verwiesen. Die vom Kläger dagegen erhobene sofortige Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.773,57 € nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2019 zu zaheln.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Parteien hätten die Art und Weise der Berechnung der Arbeitnehmererfindervergütung nicht festgesetzt. Es liege auch keine verbindliche Feststellung oder Festsetzung der Beklagten vor. Im Bereich des Maschinenbaus nehme die Schiedsstelle generell eine Abstaffelung vor, so dass sie dort als üblich bezeichnet werden könne.

Wegen des übrigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus § 12 ArbErfG in Verbindung mit einer zwischen den Parteien konkludent getroffenen Vereinbarung ein Anspruch auf Auszahlung des Differenzbetrages zwischen der gezahlten und der nicht abgestaffelten Erfindervergütung zu. Gemäß § 12 Abs. 1 ArbErfG soll die im Falle der Inanspruchnahme der Erfindung geschuldete Erfinderverütung durch eine zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung bestimmt werden. Eine solche Vereinbarung kann formlos zustande kommen, weil das Gesetz hierfür keine bestimmte Form vorschreibt (Bartenbach / Volz, Rdnr. 18 zu § 12). Indem die Beklagte die Erfindervergütung in den Jahren 2015 und 2016 unstreitig ohne Abstaffelung ermittelte, den so errechneten Betrag an den Kläger auszahlte und der Kläger diesen Betrag widerspruchslosentgegen nahm, kam zwischen den Parteien eine Enigung über die Berechnung der Erfindervergütung und ihre Höhe zustande. Dass die Beklagte die Zahlung als bindendes Angebot verstand, ergibt sich aus den für die Jahre 2015 und 2016 erteilten Abrechnungen, von denen ihr bekannt war, dass der Kläger sie als Bescheinigung seiner Einnahmen gegenüber Dritten, bspw. dem Finanzamt nach außen trug. Der Kläger akzeptierte die so errechneten Zahlungen und damit das ihm von der Beklagten auf der Grundlage eines bestimmten Rechenweges ermittelte Entgelt. Damit einigten sich die Parteien jedenfalls überden Rechenweg und die Parameter zur Ermittlung der Vergütung. Nichs anderers folgt aus dem Schreiben der Beklagten vom 28. April 2017 betreffend die Arbeitnehmererfindervergütung für das Jahr 2016, das die Beklagte ausdrücklich als Angebot mit der Bitte um Bestätigung verfasste. Die erbetene Bestätigung lag in der widerspruchslosen Entgegennahme des Geldes. Dass der Kläger die Berechnungsgrundlagen im Einzelnen nicht kannte, steht einer konkudenten Einigung nicht entgegen (Bartenbach / Volz, aaO. Rdnr. 18.2 zu § 12). Der Kläger hat in seiner persönlichen Anhörung bestätigt, dass die Beklagte die Abrechnung für die Jahre 2015 und 2016 in gleicher Weise vornahm wie die Abrechnugen für das Jr 2014 und die davor liegenden Jahre und dass die Parteien diesen Abrechnungsmodus als verbindlich angesehen,sich also darauf geeinigt hätten. Ebenso bestätigte er, dass er auf die Richtigkeit der zugrundeliegenden Umsätze vertraut und diesbezüglich keine weitergehende Auskünfte verlangt habe.

Diese Absprache durfte die Beklagte nicht einseitig durch die Anwendung der Abstaffelung ändern. Grundlage für die Berechnung der Vergütung sind die Maßstäbe, welche die Vertragspartner in dem Vergütungsvertrag vereinbart haben. Will der Arbeitgeber eine Abstaffelung des Lizenzsatzes nach der Richtlinie Nr. 11 oder nach anderen Abstaffelungsgrundsätzen vornehmen, so muss er die Anwendung der Staffel mit dem Arbeitnehmer vereinbaren. Der Arbeitgeber kann nicht einseitig durch Nachschieben anderer Maßstäbe die Berechnungsgrundlage für die Vergütung ändern (BGH GRUR 1994,898,02 - Copolyester -). Da der Kläger der Abstaffelung widersprach, wie sich nicht zuletzt der eigenen E-Mail der Beklagten vom 03. Juli 2017 entnehmen lässt, bleibt es bei der Berechnung der Vergütung mit dem vollen Lizenzsatz. Die Beklagte schuldet daher die Differenz zwischen dem berechneten und dem tatsächlich ausgezahlten Betrag. Die Höhe der Klageforderung ist unstreitig.

Zinsen stehen dem Kläger nur als Rechtshängigkeitszinsen aus §§ 288,291 BGB zu. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs war die Klage abzuweisen.

Einen kalendermäßig bestimmten Fälligkeitstermin vereinbarten die Parteien nicht. Dass die Beklagte, wie der Kläger in der Klageschrift formuliert, die Erfindervergütung “üblicherweise“ im März auszahlte, beinhaltet keine diesbezügliche Übereinkunft. Für eine frühere Mahnung ist nichts ersichtlich.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 281, 709 ZPO.